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12.04.2018, 23:11 Uhr | Jonna75
Guten Abend,

ich bin ziemlich erledigt. Mein Sohn (14) ist seit Rosenmntag krankgeschrieben wg. Verdacht auf Depression und Essstörung. Das hatte sich alles schon lange abgezeichnet. Ich hatte immer noch gehofft, es ginge vorbei. Er geht also nicht zur Schule. Er geht auch sonst kaum noch wohin. Freunde hatte er eh wenige, die trifft er einmal alle 3 Wochen. Wir warten auf einen Platz zur stationären Behandlung. Ich lebe mit ihm alleine, muss mich um alles kümmern, aber auch arbeiten (32 h/W).

Depression, das heißt kein Antrieb, kein Aufstehen, Schlafstörungen, nachts in der Wohnung Herumgeistern, fast kein Beteiligen am Haushalt, garantiert nicht ohne dreimalige Aufforderung, und keine Bereitschaft, wenigstens irgendwas für die Schule als Hausaufgabe zu probieren. Der Vorschlag, mal was für ein beliebtes (!) Fach zu machen, wurde von ihm als totale Beleidigung aufgefasst ("du verstehst mich nicht, du siehst doch, dass ich das nicht kann"). Selbst schöne Dinge (Ausflüge) dürfen nur kurz dauern. Ich schwanke dauernd zwischen "ich muss das doch verstehen, das ist diese Krankheit" und "kann man sich nicht mal ein kleines bisschen zusammenreißen?". Ich meine, wenn man rund um die Uhr frei hat, könnte man ja doch mal sein Glas in die Spüle tragen...

Er ist nicht zu depressiv, um stundenlang im Internet zu seinen Lieblingsthemen zu recherchieren. Er ist auch nicht zu depressiv, um mich häufig zu belehren und zu korrigieren, wenn er gemerkt hat, wie ich etwas falsch ausgedrückt oder vergessen habe. Werde ich emotional (und das werde ich!), hält er mir das vor. Erkläre ich ihm, dass man im Allgemeinen Kritik Leuten nicht ständig und sogar gegen ihren erklärten Willen aufs Brot schmieren sollte, meint er, dass wäre ja nur meine persönliche Ansicht, ich könnte ja daraus lernen. Aus meiner Sicht steht es ihm einfach nicht zu, so mit mir zu reden. Sage ich ihm mit erhobener Stimme, dass mich das alles jetzt total nervt und er akut aus meinem (!) Zimmer gehen soll, damit das nicht eskaliert, macht er einfach weiter, bis ich irgendwann rumschreie. Letztens habe ich ihn nach mehrmaligen Ansagen aus meinem Zimmer rausgeschubst und die Tür geschlossen, weil ich diese Penetranz nicht mehr ertragen habe. Gerne bricht er mit mir um 23 Uhr eine Diskussion vom Zaun, wenn ich dringend schlafen muss wg. der Arbeit, während er natürlich bis ultimo ausschlafen kann. Sage ich dann, dass das nicht der richtige Zeitpunkt ist, beschwert er sich, ich hätte ja NIE Zeit. Für eine Depression ist da noch ganz schön viel Antrieb- Richtet sich nur leider auf nichts, was uns weiterbringt...

Appelliere ich an ihn, dass ich auch mit meinen Kräften am Ende bin, dass ich die verbleibende Energie für meine Aufgaben brauche und er mich wenigstens mit seinen Diskussionen in Ruhe lassen soll, knickt er auch manchmal ein und wird wie ein kleines Kind. Er wäre an allem schuld, jetzt würde er mich auch noch runterziehen, er sei so schlecht, er wäre eine Last usw. Es ist für mich ganz undurchsichtig, was von seinem Verhalten "Krankheit" ist und was einfach "Pubertät" ist! Wo ich eher mehr unterstützen sollte, und wo ich mehr Grenzen setzen sollte. Ich beobachte an mir selbst, dass ich mich in ein garstiges Weib, eine Furie verwandele, und so will ich überhaupt nicht sein! Garantiert sage ich dann auch Sachen, die für einen Menschen mit Depression, also mit schlechtem Selbstwertgefühl, ziemlich schädlich sind. ("Mit so einer kritischen Art findest du keine neuen Freunde! Wenn du immer nur rumliegst, wird es dir auch nicht besser gehen! Du nervst mich von morgens bis abends!") Inzwischen bin ich fast nur noch froh, wenn ich zur Arbeit gehen kann. Dort kann ich was schaffen und man begegnet mir vernünftig und mit Respekt. Oder bei (seltenen) Treffen mit einer Freundin.

Er steht nun auf der Warteliste für eine Station. Das wird aber ganz unbestimmte Zeit dauern - im schlimmsten Fall monatelang. Ich hatte gehofft, es könnte schneller sein. Hatte mich schon gefreut, mal alleine zu sein, nicht (primär) zuständig, Kind in guten Händen, nicht jede Minute Kampf und Mühe. Mir ist klar, dass das etwas egoistisch klingt, deshalb erzähle ich das auch keinem so deutlich in meinem Umfeld. Von außen halten mich meine Freunde für "tapfer" und glauben, dass ich die Situation ordentlich bewältige. Keiner würde glauben, wie reizbar ich geworden bin. Das kriegt ja keiner mit.

Natürlich gibt es auch schöne Momente, wie früher auch. Er sucht auch Nähe, und ich versuche auch nach jedem Streit wieder aktiv auf ihn zuzugehen. Ihm generell Dinge anzubieten, von denen ich weiß, dass sie ihm Freude machen. Es ist auch nicht leicht zuzusehen, wie wenig er nur noch schafft, und wie selten sein Lachen geworden ist.

Tja, was ist überhaupt die Frage? Wie kann ich es schaffen, ruhig zu bleiben, wenn mich die Welle seiner Ansprüche, seiner unnötigen Kritik und seiner mangelnden Unterstützung wieder in 2 Sekunden von Null auf Hundert bringt? Wie kann ich schaffen, dass er mir nicht an "Coolness" überlegen ist? Dass er aber auch meine Grenzen respektiert?

Müde Grüße
Zuletzt editiert am: 04.12.2018, 14:07 Uhr, von: Jonna75
26.04.2018, 13:37 Uhr | figuralis
Ja, es ist immer schwer, wenn man sich so handlungsunfähig fühlt bzw. es tatsächlich ist. Kann Louise nur beipflichten: Versuch Dich da nicht runterziehen zu lassen und mach was für Dich selbst, begib Dich nicht in die Abwartehaltung, dass Dein Sohn da mitzieht. Wir haben ganz andere Probleme mit unserem Sohn, aber seit ich mich nicht mehr dauernd mit denen beschäftige, sondern eben nur eine begrenzte Zeit, ist es entspannter für alle.

Gerade dieses Hin- und Her kann einen sehr zermürben: Geh auf ihn zu, aber hab immer auch Dich im Blick!

GLG

Jonna75 schrieb:
Danke für die Rückmeldungen. Ich arbeite daran, Dinge für mich zu tun (Chor, Spazieren), aber mich zieht das alles etwas runter, und meine Energie wird immer weniger. Besonders schlimm fühlt es sich an, wenn ich am Wochenende Vorschläge mache und er alles ablehnt, weil alles zu anstrengend ist. Die Sonne strahlt, man könnte was Schönes machen, und er bleibt im verdunkelten Zimmer. *sad* Wenn es dann eine Weile hin- und hergegangen ist und er irgendwann sagt "dann mach doch was alleine", dann habe ich schon keine Lust mehr.

Wie gesagt, danke fürs Zuhören.

Grüßle, Jonna
26.04.2018, 11:20 Uhr | Louise-19
Hallo, Jonna,
Du gehst in sein Zimmer, ziehst die Vorhänge beiseite, öffnest die Fenster, sagst, "Morgen, Schatz!"
Und dann gehst Du raus.
Joggen.

Das Problem ist, daß wir hier von einer echten Depression keine Ahnung haben,
und das ärztlich behandelt gehört.
Bekommt Dein Sohn irgendwelche Medikamente?
(Nimmt er die auch?)
Macht er Therapie bei einem Psychologen?
Geht er regelmäßig zum Psychiater?
Gehst Du in eine Gruppe für Angehörige von Depressiven / psychisch Kranken?

Alles Gute,
paß auf Dich auf,
Louise
Zuletzt editiert am: 04.12.2018, 14:07 Uhr, von: Louise-19
25.04.2018, 20:36 Uhr | Jonna75
Danke für die Rückmeldungen. Ich arbeite daran, Dinge für mich zu tun (Chor, Spazieren), aber mich zieht das alles etwas runter, und meine Energie wird immer weniger. Besonders schlimm fühlt es sich an, wenn ich am Wochenende Vorschläge mache und er alles ablehnt, weil alles zu anstrengend ist. Die Sonne strahlt, man könnte was Schönes machen, und er bleibt im verdunkelten Zimmer. *sad* Wenn es dann eine Weile hin- und hergegangen ist und er irgendwann sagt "dann mach doch was alleine", dann habe ich schon keine Lust mehr.

Wie gesagt, danke fürs Zuhören.

Grüßle, Jonna
16.04.2018, 08:39 Uhr | marinadiezweite
Hallo Joanna75, es ist jetzt nicht leicht für dich. Für deinen Sohn auch nicht. In der Tat ist es eine Krankheit, die leider nicht von allein einfach weggeht.
Ich überlege gerade, ob es Sinn macht, einigermassen ruhig zu bleiben. Denn irgendwo muss dein Sohn ja auch verstehen, dass für dich dein Leben weitergehen muss. Stell dir vor, du würdest jetzt in der Wartezeit zu Hause hocken. Dann wärest du wohl echt täglich so genervt wie er jetzt.
Momentan denke ich, dass dein Sohn total unzufrieden ist. Das Warten zerrt sicher auch an seinen Nerven.
Ich möchte dir raten, dass du dich abgrenzt. Du kannst ja genausowenig wie er was für seine Krankheit. Erstaunlich ist, dass Potential in ihm steckt. Deshalb, er kann ja weiter in die Schule gehen. Es gibt auch die Möglichkeit des Hausunterrichts. Ist er krankgeschrieben? Sonst könnte man von ihm erwarten, dass er wenigstens in einer Form Unterricht erhält.
Mag sein, dass er zu schwach ist, ein Glas wegzuräumen. Am besten, du lässt solche Sachen auch einfach stehen. Damit er auch merkt, dass du es ernst meinst. Klar, er hat im Moment niemanden anders, mit dem er reden kann. Was er aber selbst ändern könnte, indem er wenigstens wieder in die Schule geht.
Du kannst ihm das ruhig noch mal sagen, dass er zwischen den Computerrecherchen mal eine Pause machen kann und einfache Aufgaben erledigen. Notfalls eine kleine Liste. Die Idee mit der ''Sprechzeit'' finde ich gut. Wäre er jetzt in der Schule, würde er auch abends um 23 Uhr nicht mehr angedackelt kommen. Beziehungsweise steht es dir zu, zu sagen, du, jetzt ist Feierabend. Gern kann man aber beim gemeinsamen Abendbrot reden. Danach ist dann halt Sendepause.
Ich weiß nicht genau, wie man ihm klarmacht, dass er ganz schön unverschämt ist. So quasi nichts helfen und dir soviel aufbürden. Aber lass dich nicht mehr auf die Schiene, ich bin ja nichts wert ein.
Dass er dich belehrt, ist vielleicht der Krankheit zuzuschreiben. Keine Ahnung, oder der Langeweile. Natürlich auch der Pubertät und nicht nur der Erkrankung. Vielleicht versteht er es ja besser, wenn du ihm mal sagst, wie dich das verletzt. Er hat ja bestimmt auch Freunde. Wenn die ihm immer eine Deutschgrammatikstunde geben würden, dann wäre er garantiert auch sauer.?
Dass du mal die Tür gescheppert hast, finde ich ganz gut. Man kann doch nicht immer ruhig bleiben.
Zuletzt editiert am: 04.12.2018, 14:07 Uhr, von: marinadiezweite
13.04.2018, 13:36 Uhr | bke-Clara-Winzenberg
Hallo Jonna75,

ein herzliches Willkommen von der Moderatorenseite unseres Unterforums der Virtuellen Beratungsstelle! Schön, dass Sie zu uns gestoßen sind und Ihre Situation beschreiben!

Als alleinerziehende Mutter haben Sie das ganze Paket der Verantwortung für Ihren Jungen , Haushalt, Arbeit u.s.w. Das ist ziemlich viel und wird noch belastender, wenn ein Jugendlicher in eine Krise hinein gerät. Sie haben nun alles veranlasst, um Ihrem Sohn Unterstützung zukommen zu lassen! Jetzt brauchen Sie die Nerven, um die Zeit zu überbrücken bis zur stationären Aufnahme. Was tun? Solche Überbrückungsanfragen erhalten wir in der realen Beratungsstelle häufiger und bieten dann entlastende Gespräche z.B. über offene Sprechstunden an. Auf der anderen Seite können Sie sich natürlich hier in der Virtuellen Beratungsstelle schriftlich entlasten. Ich kann mir Ihre Situation gut vorstellen und meine, Sie sollten versuchen, noch Hilfe von außen über Freunde, den Vater oder Verwandte zu erhalten in dem Sinne, dass sich jemand mit dem Jungen beschäftigt. Außerdem sollten Sie ein deutliches Gespräch mit ihm führen, wann Sie für sich Ruhe benötigen. Notfalls kündigen Sie an, ihr Zimmer während der Zeit zuzuschließen. Bieten Sie ihm eine tägliche feste Zeit an, während der Sie ihm zuhören und nur für ihn da sind. Ihr Sohn hat einige Baustellen und wahrscheinlich hat er keine sinnvolle Tagesstruktur mehr. In der Nacht am Computer? Morgens lange schlafen?

Ich halte es für sinnvoll, dass Sie auf sich achten und Ihrem Sohn einen Rahmen setzen! Sie selber haben das Recht darauf, dass Ihre Grenzen nicht verletzt werden und das sollten Sie ihm mitteilen. Was können Sie sich Gutes tun nach Feierabend? Spazieren gehen, Sport treiben, sich mit Freunden treffen?

Gerne entwickeln wir hier weitere Gedanken für Ihr Anliegen!

Herzliche Grüße
bke-Clara-Winzenberg *smiling*
13.04.2018, 12:49 Uhr | Louise-19
Hallo, Jonna,
wann ist der nächste Arztbesuch?
Rede mit dem Arzt, ob es nicht doch möglich ist,
daß Dein Sohn zur Schule geht.
Er muß ja keine guten Noten schreiben,
aber einfach nur hingehen.

Zweitens, Du brauchst dringend Unterstützung.
(Freundin, Vater, Großeltern, ... )

Drittens, momentan ist Dein eigenes Wohlergehen sogar wichtiger als das Deines Sohnes.
Du darfst da kein schlechtes Gewissen haben,
sondern es muß zuerst Dir gut gehen,
bevor Du Dich um ihn kümmern kannst.

Ganz sicher bekommst Du noch andere Antworten.
Paß auf Dich auf,
vG, Louise

Treffer: 7

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