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06.02.2019, 15:43 Uhr | Firena
Guten Tag,
meine Tochter ist im November 3 geworden und geht seit Januar in den Kindergarten. In ihrer Gruppe ist ein Junge, der eine mäßig schwere geistige Behinderung hat und verhaltensauffällig ist.

Meine Tochter hat sich in ihrer Zeit vor dem Kindergarten bei der Tagesmutter immer sehr sozial verhalten und sich auch sehr lieb und freundlich jüngeren Kindern gegenüber verhalten. Eigentlich ist sie immer sehr gut mit anderen Kindern zurecht gekommen, egal ob jünger oder älter und spielt und teilt mit allen meistens sehr gut.

Mit diesem Jungen im Kindergarten kommt sie jedoch nicht zurecht. Sie bezeichnet ihn als doof und findet das auch trotz unserer Erklärungsversuche gar nicht schlimm ("aber er lacht doch wenn man das sagt").

Wir haben versucht ihr zu erklären, dass er nicht doof ist, sondern einige Dinge nicht gut kann und dass er sicher traurig ist, wenn man ihn als doof bezeichnet, auch wenn er erstmal lacht. Das kommt jedoch gar nicht bei ihr an.

Die Erzieherinnen haben mir auf Nachfrage gesagt, dass ihnen das durchaus aufgefallen ist, sie der Sache aber zunächst keine Bühne bieten wollen. Meine Tochter ist sprachlich und intellektuell sehr weit und orientiert sich eher an den älteren Kindern und ist dort wohl auch durchaus tonangebend - sie will das kranke Kind scheinbar nicht in ihrer direkten Gruppe haben.

Mich macht das traurig weil ich so ein Verhalten ganz schlimm finde. Kann ich etwas tun oder erwarte ich zu viel von ihr in dem Alter?
07.02.2019, 10:33 Uhr | bke-Kira-Morgenthal
Hallo Firena,

Sie eröffnen mit Ihrem Anliegen ein besonders heikles Thema: Aggression der Kinder und der Umgang der Erwachsenen damit. Die Kinder übernehmen manchmal Anteile, die wir als Eltern ablehnen und sogar fürchten. Warum machen sie das? Einen Impuls möchte ich dazu loswerden. Wir kriegen die Antworten darauf nur dann, wenn wir auch selbst über unsere "dunkle" Seiten uns selbst bewusster werden und hinter die Angst schauen.

Die Eltern wollen, dass ihre Kinder zu anständigen Menschen werden und haben viele Ängste und Sorgen, dass es nicht klappt. Die Kinder spüren das und besonders in der Ablösungsphase platzen diese Anteile oft aus ihnen heraus. In so einer Phase befindet sich Ihre Tochter gerade auch. Ihre Tochter wird sicherlich auch zu Hause Ihnen gegenüber bestimmend, frech oder unfair auftreten. Oder nicht? Was erleben Sie im Kontakt mit ihr und wie verhält sie sich Ihnen oder anderen Familienmitgliedern gegenüber? Darf sie zu Hause frech und bestimmend sein? Wundert es Sie, dass sie in der Kita so bestimmend ist?

Ich beobachte, dass die Kinder gerne die "ungewollten" Anteile übernehmen und verstärkt zeigen, wenn die Erwachsenen diese dunklen Seiten des Leben stark bewerten und ablehnen: in sich selbst oder in der Umgebung. Deshalb ist diese Herausforderung mit Ihrer Tochter auch eine kleine Einladung für Sie als Mutter in sich zu gehen und sich zu fragen: "Was befürchte ich am meisten?" "Was fühle ich meinem Kinder gegenüber, wenn es sich so unfair verhält?"

Gehen Sie immer davon aus, dass Ihre Tochter genug Vernunft in sich trägt, um es selbst zu meistern!

Danke für Ihre Offenheit und Mut, darüber zu schreiben!

Einen hilfreichen Austausch auch weiterhin für Sie!

bke-Kira-Morgenthal
07.02.2019, 08:14 Uhr | marinadiezweite
Hallo Firena, mir ging das selbst mal so, dass ich meinen Kindern einen guten Umgang mit anderen Kindern beigebracht habe. Und dann erstaunt und enttäuscht war, wie mein Sohn sich schwertat im Umgang mit einem bestimmten Klassenkameraden. Ich weiß, dass mich das wütend gemacht hat. Zuhause haben wir dann darüber gesprochen und alles ein bisschen übertrieben. Denn ich muss zugeben, ich kann auch nicht mit jeglicher Art von Anderssein oder Behinderung gut umgehen. Tolerant und freundlich sein ist das eine, etwas nicht mögen, trotzdem, das ist das andere. Uns hat dann allen zusammen sehr geholfen, dass wir diese Art quasi erlaubt haben. Also dass man ruhig mal zu Hause sagen kann, der und der ist echt seltsam, der hampelt nur so rum. Es ging unter anderem um einen hyperaktiven Klassenkameraden, der auch noch oft zu Gast bei uns war.
Wir haben dann, so unter uns, gesagt, was wir seltsam finden. Was wir nicht mögen. Das hat dann irgendwie geholfen. Ich finde, man darf ruhig manches seltsam finden oder von mir aus auch doof. Dass woanders nicht alles witzig ist, wenn jemand lacht, wird deine Tochter schon noch lernen. Denn über ''du bist doof'' freut sich niemand. Man kann ja leider durchaus auch lachen, weil man was nicht versteht. Ich glaube, dass das andere Kind jetzt noch kein Gespür dafür hat, ob es gemocht wird und daher gesagt wird, du bist aber doof, hahaha. Oder ob jemand es nicht mag und daher sagt, doof. Ist ja wahrscheinlich lustig, wenn gelacht wird.
06.02.2019, 23:01 Uhr | Louise-19
Hallo Firena,
es ist ein weiter Weg von "jemanden (wegen seiner Behinderung) nicht mögen und ihn deshalb links liegen lassen" zu "jemanden bewußt ausgrenzen" und noch weiter zu "mobben".
Es gibt Behinderungen, mit denen ich nicht zurechtkomme, und die Betroffenen darum meide, und ich bin erwachsen.
Viele Grüße, Louise
06.02.2019, 19:26 Uhr | Firena
Guten Abend,

ganz herzlichen Dank für die freundliche Aufnahme hier im Forum und die netten ersten Antworten.

Grundsätzlich vertrete ich die Haltung, dass meine Tochter nicht netter/rücksichtsvoller sein muss, "bloß" weil das andere Kind etwas anders ist als sie. Sie muss den Jungen auch nicht mögen, egal ob er eine Behinderung hat oder nicht.
Ich finde die Vorstellung nur traurig, dass sie sich bewusst oder unbewusst das tatsächliche Handicap heraus gesucht hat und ihn danach bewertet. Ich glaube - und diesen Eindruck teilen Tagesmutter und Erzieher - dass sie durchaus in der Lage ist, Gruppendynamiken zu beeinflussen. Die Tagesmutter hat sie mal als "Alphaweibchen" bezeichnet.

Ich möchte einfach nicht, dass sie irgendwann zu den Kindern gehört, die sich selbst erhöhen indem sie andere erniedrigen. Ich habe mich halt gefragt ob man jetzt schon etwas dafür tun kann, dass sie die Beurteilung anderer Menschen später mit etwas Fairness durchführt.
06.02.2019, 17:31 Uhr | bke-Kira-Morgenthal
Guten Tag Firena,

Herzlich Willkommen bei uns im Elternforum!

Ihre Tochter macht gerade eine wichtige Erfahrung in ihrem Leben und kriegt mit, dass jemand etwas anders ist als sie. Das muss sie zuerst integrieren. Ich finde es super, dass Sie mit ihr darüber sprechen. Damit helfen Sie Ihrem Kind. Auch sie muss mit ihren Gefühlen ernst genommen werden und muss das Gefühl bekommen, dass sie so fühlen darf wie sie es fühlt. Hinter ihrem Lachen können möglicherweise auch Verlegenheit, Angst oder Unsicherheit versteckt sein. Sie kann sie noch nicht formulieren, aber empfinden. Sie helfen ihr, wenn Sie ihr Dinge erklären und dabei auch ihr gegenüber offen, respektvoll und wertfrei bleiben.

Was macht Sie so traurig und mit wem sprechen Sie darüber?

Würden Sie sich wünschen, dass das Verhalten Ihrer Tochter im Kindergarten mehr Beachtung bekommt? Haben Sie Wünsche an die Einrichtung?

Was brauchen Sie als Mutter, um mehr Vertrauen in die vorhandenen Kompetenzen Ihrer Tochter zu haben?

Hier dürfen Sie mit Ihren Gefühlen sein und darüber etwas mehr schreiben. Könnte es sein, dass hinter der Traurigkeit noch andere Gefühle sind, die auch Berechtigung haben dürfen?

Ich wünsche Ihnen einen hilfreichen Austausch mit anderen Eltern.

Viele Grüße

bke-Kira-Morgenthal (Moderatorin des Elternforums)
Zuletzt editiert am: 07.02.2019, 09:07 Uhr, von: bke-Kira-Morgenthal
06.02.2019, 17:20 Uhr | Louise-19
Hallo Firena,
willkommen im bke-Forum.
Meiner Meinung nach machst Du Dir zu viel Sorgen.
Wahrscheinlich ist dieser Junge nicht das einzige behinderte Kind, in der Gruppe oder im gesamten Kindergarten.
Bzw, wahrscheinlich kommt im nächsten und übernächsten Jahr noch ein behindertes Kind dazu.
Deine Tochter muß nicht mit allen Behinderten gut können, nur weil sie behindert sind.
Viele Grüße, Louise

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