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15.02.2019, 12:08 Uhr | Blume74
Hallo zusammen,

wir haben einen sehr sensiblen, aufgeweckten 9-Jährigen Sohn. Meine Frage bezieht sich darauf, welche Erfahrungen ihr bei der Wahl der weiterführenden Schule gemacht habt? Unser Sohn hat eine andere Vorstellung als wir. Wir befürworten eine integrierte Gesamtschule mit sehr gutem Ruf. Leider geht kein anderes der Kinder aus seiner Klasse dorthin mit. Die meisten anderen Kinder, so auch alle seine Freunde, wechseln ans Gymnasium. Wir haben ihn jetzt gegen seinen Willen an der Gesamtschule angemeldet. Ich sehe es auch, dass er sicherlich das Gymnasium gut schaffen könnte. Er hat notentechnisch einen Schnitt von 1.5 in den Kernfächern (Deutsch 1, Mathe 2, Englisch 2, Sachkunde 1) aber nur eine Realschulempfehlung, was uns auch etwas erstaunt hat. Aber wir leben in NRW und dort ist die Empfehlung nicht an Noten gebunden (leider). Schriftlich bringt er top Leistungen, er war aber wohl mündlich etwas zu still und hat in einer sehr unruhigen Zeit (diese wurde durch mehrmaligen Wechsel der Klassenlehrerinnen bedingt, er hatte insgesamt sechs verschiedene Grundschullehrerinnen in 3.5 Jahren, weil alle entweder schwanger wurden oder aber die Schule gewechselt haben) auch etwas gelitten, d.h. er hat sich häufiger mit Bauch- oder Kopfschmerzen aus der Schule abholen lassen. Das war auch der Grund, warum die sehr junge und noch nicht so erfahrene aktuelle Grundschullehrerin, die ihn übrigens erst 3 Monate kannte, nur eine Realschulempfehlung ausgeprochen hat, obwohl er schriftlich ohne Lernen durch uns und aus eigener Kraft immer 1 bis 1- in Deutsch und Mathe geschrieben hat. Sie sagt, er ist nicht so stressresistent und wäre am Gymnasium überfordert, sie empfiehlt eine Realschule. Sein Wunsch ist das Gymnasium, er sagt, er fühlt sich eher unterfordert und möchte mehr gefordert werden und lernt sehr gerne. Das stimmt auch, er kann z.B. super gut frei schreiben (er schreibt seitenweise fast fehlerfreie Aufsätze). Die Lehrerin sagte aber im Gespräch, die Kompetenzen, die er hätte (Transferleistungen, fantasievoll schreiben etc.) wären an der Schule heutzutage nicht gefragt, auch wohl nicht an einer weiterführenden Schule. Es ist wohl in erster Linie wichtig, dass die Kinder "funktionieren" (O-Ton) und da sollte man ernst nehmen, wenn Kinder sich wiederholt abholen lassen.

Ich möchte jetzt nicht in die Schublade gesteckt werden, hysterische Helikoptermutter, die nicht die Schulempfehlung akzeptiert. Ich sehe aber, dass die Bedingungen an der Schule absolut suboptimal waren und er einfach stärker auf die mehrmaligen Lehrerinnenwechsel reagiert hat als andere Kinder. Das Abholen erfolgte übrigens in der Zeit, als die Kinder übrigens auch über 3 Monate auf andere Klassen aufgeteilt waren und morgens nie wussten, in welcher Klasse sie sitzen werden. Das hat meinen Sohn wohl sehr gestört, er mag schon eher feste Strukturen.

Sein Sozialverhalten ist sonst sehr gut, er ist noch nie negativ aufgefallen und eher so ein ruhiger Kandidat. Seine Hausaufgaben macht er selbständig. Allerdings sehe ich bei seinem Arbeitsverhalten auch, dass er Dinge, die ihm Spaß machen, sehr motiviert und konzentriert erledigt und Sachen, die ihn langweilen, eher schludrig. Er mag z.B. keine Lückentexte ausfüllen, das langweilt ihn wohl und dabei konzentriert er sich.

Meine Fragen sind folgende:

- Kann ich ihn gegen seinen Willen auf der Gesamtschule anmelden? Er sagt, er möchte dort nicht hin. Wie kann ich ihn überzeugen, dass die Gesamtschule keinesfalls verkehrt sein kann, er hat alle Möglichkeiten offen?

- Kann es vielleicht sein, dass er tatsächlich eher unterfordert ist und sich deswegen nicht so gut konzentriert?


- Sollte man ihm die Chance geben, auf ein Gymnasium zu gehen? DAs ist ja sein absoluter Wunsch und von seinen Leistungen habe ich da keine Bedenken. Er hat noch nie eine 3 geschrieben.


- Wieviel sollte man auf so eine prognostische Empfehlung von einer Lehrerin geben, die erst zwölf Wochen in der Klasse ist? Die alte Lehrerin hatte immer für eine Gymnasialempfehlung plädiert? Ich bin schon etwas verunsichert und möchte nicht, dass er unglücklich wird. Allerdings ist er notentechnisch deutlich vor vielen anderen Kindern mit reiner Gymnasialempfehlung und eigentlich fliegen ihm die Dinge so zu, er lernt extrem schnell.

- Sind grundsätzlich sensible Kinder schneller überfordert am Gymnasium?


Wir haben ihn jetzt erstmal an der Gesamtschule angemeldet und werden nächste Woche aber auch ein Beratungsgespräch am Gymnasium machen, um zweigleisig zu fahren. Das müssen wir auch, denn die Plätze an der Gesamtschule sind knapp und letztes Jahr wurden ca. 50% der angemeldeteten Kinder abgelehnt.

Ich möchte, dass er glücklich wird und sich wohl fühlt. Das steht für mich ganz vorne. Vielleicht habt ihr Tipps, wie wir weiterverfahren sollen? Ich finde es eine sehr schwierige Entscheidung. Und ich weiß auch gar nicht, ob uns überhaupt ein Gymnasium aufnehmen würde aufgrund der Empfehlung, auch wenn die offiziell nicht bindend ist.

Danke, Blume
19.02.2019, 10:19 Uhr | AnjaLe
Hallo,

nach Durchsicht der anderen Beiträge bin ich nun der Meinung, es mit dem Gym. zumindest zu versuchen. Ich bin nicht davon überzeugt, das es die richtige Lösung ist, aber wenn Du es nicht tust, könntest Du später Vorwürfe zu hören bekommen .. hättet ihr mich aufs Gym. getan, dann wäre ich jetzt .. und so bin ich ...

Also melde ihn dort an, auch scheitern ist eine Lebenserfahrung und vielleicht schafft er es ja, wie meine Tocher auch ...

Lg
Anja
18.02.2019, 20:38 Uhr | deta
Nachtrag: Ich glaube, jedes Gymnasium würde euch mit dem Zeugnis nehmen. Nicht jeder kommt mit so einem guten Zeugnis. Es kommt natürlich auf den Wohnort an und ob die Schülerzahlen eher zu- oder abnehmen. Bei uns schrumpfen die Schulen (Schülermangel), daher werden alle Schüler genommen, die angemeldet werden, selbst wenn sie nur eine Hauptschulempfehlung haben (was natürlich auch nicht empfehlenswert ist).
Ich finde es schon sehr merkwürdig, wie die Empfehlung bei eurem Sohn zustande kam. Bei uns war es insoweit ähnlich, dass unsere Grundschullehrerin in Mutterschutz ging und anschließend eine neue Lehrerin die Gespräche mit uns geführt hat. Die alte Lehrerin hat allerdings bevor sie ging, Empfehlungen ausgesprochen und die neue hat diese übernommen, auch wenn sie nicht der gleichen Meinung war. Uns hat sie gesagt, dass sie bei unserem Sohn lieber "bedingt geeignet" fürs Gymnasium geschrieben hätte, aber da die alter Lehrerin ihn für geeignet hielt, blieb es dabei. Und es scheint ja auch zu klappen, wenn auch nicht mit brillanten Noten, für ein 3-er Zeugnis in der 6. Klasse reicht es.
18.02.2019, 20:27 Uhr | deta
Hallo,
ich finde die Begründung der Lehrerin ist nicht schlüssig. Natürlich stimmt das leider, dass die Schüler am Gymnasium funktionieren müssen, aber das variiert von Schule zu Schule und auch von Lehrer zu Lehrer und es sollte kein Kriterium sein. Vielleicht lässt er sich so oft abholen, weil der die Ablehnung der Lehrerin spürt?? Mein jüngerer Sohn hatte ein schlechteres Grundschulzeugnis (er hat häufiger 3en geschrieben), meldet sich im Unterricht selten, ist bei den Hausaufgaben oft nachlässig und vergesslich und lässt sich auch häufig abholen, weil er Kopfschmerzen hat (das ist zum Glück inzwischen viel besser geworden). Er hat dennoch die Gymnasialempfehlung bekommen, weil die Lehrerin meinte, er ist klug genug und in der Gesamtschule würde er untergehen, weil er zu sensibel ist.
Jetzt ist er in der 6. Klasse Gymnasium, hat ein durchwachsenes Zeugnis, aber die Lehrer dort meinen, er wird es schaffen und wir sollten ihn nicht zur Realschule geben. Das, was du über deinen Sohn schreibst, klingt aber viel besser als bei unserem Sohn
Also - ich würde ihn zum Gymnasium geben. Wenn ihr die Wahl zwischen mehreren Gymnasien habt: nach unseren Erfahrungen unterscheiden sich die Gymnasien erheblich sowohl im Maß, wie die Kinder zu funktionieren haben (unser Sohn ist leider an einer "Friss-oder-stirb-Schule" - das haben wir leider erst nachher gemerkt) als auch im Leistungsanspruch. Ich glaube, Gymnasien, auf die viele Kinder mit Migrationshintergrund gehen und weniger Akademikerkinder sind oft bessere Schulen, da sich hier die Lehrer mehr um Kinder kümmern (müssen) und sie auch keine überzogenen Leistungsansprüche haben.
Und mit den vielen Krankheiten: Bei unserem Sohn wurde das besser in dem Maße, wie er sich von den Lehrern angenommen fühlte. Ich glaube nicht, dass das etwas mit der Schulform zu tun hat, sondern ob er auf Lehrer trifft, die ihn mögen und ihn annehmen, so wie er ist. Und die gibt es hoffentlich überall.
Dazu kommt, dass euer Sohn G9 bekommen wird (ich bin neidisch!, unser Sohn ist der letzte G8 Jahrgang), und da wurde ja versprochen, dass alles ruhiger gehen wird. Zumindest ist der Nachmittagsunterricht weg, und das ist ja das, was besonders anstrengend ist.

Vielleicht solltet ihr eine Beratung an einem Gymnasium nutzen, die immer vor den eigentlichen Aufnahmegesprächen laufen.
Zuletzt editiert am: 18.02.2019, 20:57 Uhr, von: deta
17.02.2019, 03:35 Uhr | Ruba
Wenn Dein Sohn von selber gerne aufs Gymnasium möchte, würde ich den Versuch wagen. Heutzutage gehen 40 Prozent der Kinder aufs Gymnasium, da sind nicht nur dine Superbegabten.
Wenn er es nicht schafft, nehmt ihr ihn wieder runter.
Ich würde das nicht jedem raten, aber Dein Sohn ist motivirrt, lernwillig und in Schuldingen selbständig, das ist schon mal die halbe Miete. Und es ist sein Wunsch. Eine Lehrerin, die das Kind erst ein Vierteljahr kennt und wenig Erfahrung hat, kann m.E. Ein Kind nicht wirklich beurteilen.
16.02.2019, 10:24 Uhr | BabyOne
Hallo,

noch eine kleine Anmerkung zu dem, was Serafina zuletzt geschrieben hat über den vielleicht härteren Umgangston an der Gesamtschule:

Das mag so sein oder auch genau anders herum. Mir sagte eine Beratungslehrerin mal, dass die Kinder an der Realschule viel sozialer seien als die am Gymnasium, weil sie weniger auf Konkurrenz getrimmt wären. Ich kann das jetzt nicht so bestätigen, allerdings war meine Tochter vorher auch auf einem wirklich guten Gymnasium unter sehr guter Leitung in einer reinen Mädchenklasse. Der Direktor ging rigoros auch gegen Anfänge von Mobbing vor und der Lehrkörper war ziemlich harmonisch - das sind ja alles Dinge, die die Atmosphäre an einer Schule beeinflussen.

Kurz - solche Sachen sind wahrscheinlich nicht pauschal nach Gymnasium/Realschule zu beurteilen, sondern mehr nach der konkreten Schule, um die es in eurem Fall geht.

An der Realschule gibt es natürlich im Vergleich zum Gymnasium mehr Kinder aus Nicht-Akademiker-Familien. Das finde ich persönlich größtenteils ganz angenehm, weil es nicht so toll ist wenn das eigene Kind von lauter Kindern umgeben ist, die jeden Sommer zum Baden nach Florida fliegen oder Wildtiersafaris in Afrika machen oder Rundreisen durch Asien .... Es muss ja nicht einmal damit angegeben werden, aber es weckt halt Wünsche, die ich nicht erfüllen kann und man bekommt dadurch fast schon das Gefühl arm zu sein, obwohl das Quatsch ist. Meine Tochter hat am Gymnasium viele Freundinnen gehabt und auch an der Realschule sofort Freundinnen gefunden. Ich finde es aber gut, dass sie nicht in so einer Blase aufwächst und auch sieht, dass es Familien gibt, wo die Eltern sich nicht so intensiv um ihre Kinder kümmern, oder Familien, die finanziell sehr beengt leben. Mein Eindruck ist auch, dass man an Schulen mit wohlhabender "Kundschaft" versucht durch ein umfangreiches Fahrtenprogramm den Wünschen der Eltern entgegen zu kommen, also Skifahrten, jedes Jahr Klassenfahrten etc., und das muss man als Eltern auch erst einmal finanzieren können und wollen.

Was ich auch noch sehr gut finde ist, dass es in der Realschule viel mehr Berufsorientierung gibt, während man am Gymnasium natürlich davon ausgeht, dass die Schüler bis zum Abi auf der Schule bleiben, und was danach kommt ist dann nicht mehr das Problem der Schule... Und (ich schreibe immer nur über das was ich kenne, also bei uns) es gibt einige wirklich nützliche Fächer, die am Gymnasium nicht unterrichtet werden. An der Realschule hier ist es üblich, dass die Kinder maschinenschreiben lernen, am Gymnasium müssen das die Kinder in ihrer Freizeit zusätzlich zu allem anderen machen oder sie lernen es eben nicht. Außerdem lernen sie Buchhaltung (Buchungssätze, was ist eine Bilanz, welche Steuern gibt es...), was auch für jeden Akademiker sinnvoll wäre, der sich später mal selbstständig machen will, und den Umgang mit den üblichen Office-Programmen (Word, Excel, Powerpoint). Im Gymnasium dagegen lernen sie zwar auch mit Powerpoint umzugehen, aber nicht mit Word oder Excel, dafür aber schon sehr vertieft die Grundlagen von Programmierung oder von Bürgerlichem Recht, wo ich mir denke, das reicht auch noch, wenn man das später an der Uni im ersten Semester lernt, falls man sich für das entsprechende Studium entscheidet.
"Gute Erziehung heißt zu verbergen, wie viel wir von uns selbst halten und wie wenig von anderen." (Mark Twain)
16.02.2019, 09:46 Uhr | -serafina-
Hallo Blume24,

ich finde den Wunsch Eures Sohne nicht utopisch bei diesen Noten. Es ist ja nun auch nicht so, dass sensible Kinder im Gymnasium nichts verloren hätten. Wenn Ihr bemerkt, dass er unter die Räder kommt, könnt Ihr immer noch eingreifen. Das ist natürlich ein Schnitt und mag für das Selbstvertrauen des Kindes nicht gerade förderlich sein. Allerdings bin ich der Meinung, dass es für seine Persönlichkeitsentwicklung auch nicht sehr unterstützend ist, trotz guter Noten quasi ausgeschlossen zu werden aus dem Kreis derer, die das Gymnasium besuchen "dürfen". Für Euren Sohn kann das bedeuten: Meine Eltern glauben nicht an mich, schlimmstenfalls identifiziert er sich mit Eurer Entscheidung und glaubt, er habe sich getäuscht in sich selbst. Könnte mutlos werden, schlechte Noten schreiben... Bis zum Abitur auf Umwegen könnte er schon längst den Glauben verloren haben, dass er das kann.

Was ich sagen will: Es ist immer schwierig, leider. Ich denke aber, ein Kind hat das Recht auf eine eigene Schulentscheidung, insbesondere mit diesen Noten. Ich würde ihn einbeziehen in die Entscheidungsfindung, ihn aber nicht überreden oder den Mut nehmen, sondern schlussendlich ihn in seiner Entscheidung unterstützen. Egal, ob ich es für richtig oder falsch halte und ihn dann, falls er scheitert, auffangen und weiter unterstützen. So kann er selbst herausfinden, wer er ist.

Ich habe auch so ein Sensibelchen mit guten Noten, aber fragwürdiger Arbeitshaltung, allerdings mit Gymnasialempfehlung, weil in BW die Noten ausschlaggebend sind. Er hat trotz der Schwierigkeiten die Erfahrung gemacht, dass die Erwachsenen an ihn glauben. Sogar eine Phase starker Schulangst durchgemacht (aber nicht durch die Schule begründet), durch die wir ihn begleiten mussten. Jetzt ist er in der 9. Klasse und er hat sich super entwickelt.

Ich finde die Idee der Gesamtschule auch gut. Aber eben nur, wenn das Kind es auch will. Allerdings muss man dort oder auch auf der Realschule mit einem härteren Umgangston unter den Schülern rechnen - so etwas kann einem sensiblen Kind genauso Bauchschmerzen machen.

Alles Gute für Eure Entscheidung
Serafina
16.02.2019, 08:55 Uhr | AnjaLe
Hallo

Was ich noch ergänzen möchte.
Die Gymnasialempfehlung richtet sich nicht allein nach den Noten, sondern auch nach nach gewissen Fächer übergreifenden Lernkompetenzen. Den Stoff zu begreifen ist nicht das Problem, sondern das Tempo, wie er vermittelt wird. Wie bereits erwähnt, es ist eine Hochleistungsschule. Desweiteren wird der Junge, wenn das Gymnasium dabei mitmacht, in die ersten G9 Jahrgänge eingeschult. Inwieweit es da schon Lehrpläne und Richtlinien gibt weis ich nicht, mögliche Turbulenzen sind aber nicht auszuschließen!

Das Abitur kann in NRW auch über ein Berufskolleg erreicht werden. Erwarte vom Beratungsgespräch im Gymnasium nicht zuviel, wenn keine klare Empfehlung vorliegt, werden die davon abraten. In vielen Städten werden inzwischen auch Sekundarschulen eingeführt, als Alternative zur Gesamt,- oder Realschule, auch diese Schulform führt über ein Berufskolleg zum Abitur in 13 Jahren.
Die Idee mit der Besichtigung und dem Bauchgefühl ist ebenfalls gut. Geasamtschulen sind überproportional, je nach Region, auch Problemschulen, darauf würde ich auch achten. Vielleicht auch mal Kontakt zu Eltern suchen, die Kinder abholen und fragen. Manchmal steht auch was in der Lokalpresse über den Ruf einer Schule.

Es ist aber auch kein Beinbruch, wenn er von Gymnasium herabgestuft wird.

VG
Anja
15.02.2019, 21:47 Uhr | BabyOne
Hallo,

da es in allen Bundesländern gewisse Unterschiede gibt, kann ich nicht wirklich viel dazu sagen wie die fachlichen Anforderungen am Gymnasium in NRW sind. Ich glaube aber schon, dass die Lehrerin mit ihrer Empfehlung einen wichtigen Punkt getroffen hat. Nach meiner Erfahrung ist das Arbeitstempo und der Druck am Gymnasium viel höher als an der Grundschule und steigt dann auch von Jahr zu Jahr weiter. Es ist also nicht so, dass es reicht sich so nach und nach anzupassen, denn wenn man sich gerade an den Druck angepasst hat, ist er auch schon wieder gestiegen. Wenn er schon an der Grundschule mit Bauchweh auf Stress reagiert, ist das auf jeden Fall ein ernst zu nehmendes Warnsignal! Und es kann auch böse in die Hose gehen zu sagen, er kann sich ja gut konzentrieren, wenn ihn nur das Thema interessiert. Der Knackpunkt ist, dass es IMMER Dinge geben wird, die einen nicht so interessieren, und dass man die dann halt auch bewältigen muss. Ein gutes Konzentrationsvermögen zeigt sich nicht bei den angenehmsten Aufgaben, sondern bei den eher unangenehmen. Da das Tempo im Gymnasium viel höher ist, kann es sein dass Schwierigkeiten mit der Konzentration dann so richtig deutlich werden, die sich in der Grundschule nur ganz leicht angedeutet haben. Nur mal ein Beispiel, Lückentexte werden in den Fremdsprachen sehr viel eingesetzt bei Grammatikaufgaben, und es sind enorme Mengen an Vokabeln zu lernen. Wenn sich nun herausstellen sollte dass ihn das langweilt, was dann? Bei zwei Fremdsprachen, die am Gymnasium Pflicht sind?

Sicher klingt es gut wenn Dein Sohn an der Grundschule gute Noten hatte, aber die Kinder am Gymnasium müssen tatsächlich nicht nur klug und fleißig sein, sondern auch seelisch einigermaßen robust. Ein Gymnasium ist eine Hochleistungsschule, das kann man sich vorstellen wie Leistungssport, und das über acht oder neun Jahre hinweg. Wer noch nie eine schlechte Note hatte, wird am Gymnasium ganz sicher mal eine bekommen und könnte dann am Boden zerstört sein und anfangen an sich zu zweifeln. Andere bekommen vielleicht meist gute Noten, stressen sich aber so sehr mit dem Lernen, dass sie davon krank werden. Was ich ganz schlimm fand war, dass alles nur einmal erklärt wird und dann gleich eine Ex geschrieben wird, und wer es nicht sofort kapiert und dann zuhause selbst nachgearbeitet hat, bekam dann gleich mal eine sechs. An der Schule meiner Tochter wurde auch öfter mal der zum Bestehen nötige Schnitt so weit hochgesetzt, dass man mehr als die Hälfte der Punkte haben musste, um nur eine vier zu bekommen, und eine eins war fast utopisch, weil man da nicht mehr als einen halben Fehlerpunkt haben durfte... Es gab meist deutlich mehr fünfer und sechser als einser und zweier, und etliche Schüler verlassen das Gymnasium dann auch wieder - und das sind ja alles Schüler, die in der Grundschule gut und leistungsstark waren. Manche schleppen sich jahrelang durch und wechseln dann so spät, dass sie dann auf der Realschule auch schon Probleme bekommen, weil die Ausbildung ab einem gewissen Zeitpunkt zu unterschiedlich läuft. Jedes Fach wird von einem anderen Lehrer unterrichtet - wenn Dein Sohn an der Grundschule mit ständigen Wechseln nicht gut klargekommen ist, könnte er damit auch Probleme bekommen und sich am Gymnasium verloren fühlen. (Nun weiss ich natürlich nicht ob das an der Gesamtschule anders wäre.)

Andererseits würde ich - wenn das Kind schon eine klare Meinung äußert - die auch in Betracht ziehen und nicht einfach übergehen wollen. Es mag auch sein, dass es an einem guten, kleinen Gymnasium vielleicht eine bessere Lern-Atmosphäre und mehr Geborgenheit gibt als in einer sehr großen, vielleicht überfüllten Gesamtschule. Sofern man überhaupt eine Wahl hat, würde ich vielleicht noch einmal mit dem Kind beide Schulen besichtigen und dabei auf das Bauchgefühl achten (wie ist die Atmosphäre, wenn man ins Gebäude kommt? Wie sind die Lehrer, die anderen Schüler? Würde man selber gerne jeden Tag dieses Gebäude betreten oder fühlt sich der Gedanke schon unangenehm an?) und auch darüber sprechen, was an Schwierigkeiten auf ihn zukommen kann - eben nicht nur in Bezug auf das was an der Schule im Unterricht gelernt wird, sondern auch in Bezug auf das, was ihm vielleicht im sozialen Bereich schwer fallen könnte. Ich würde auch darauf hinweisen, dass er vielleicht falsche Vorstellungen hat - nur weil seine Freunde auf das Gymnasium gehen heißt nicht, dass er dann unbedingt mit allen in einer Klasse wäre, und vielleicht wechseln ja einige von denen nach einiger Zeit auch auf andere Schulen... Würde er auch dann noch auf das Gymnasium wollen, wenn seine Freunde dort nicht hingingen oder wenn seine Freunde dort alle neue Freunde finden und dann keine Zeit mehr für ihn hätten?

Außerdem muss man auch sagen, dass die Entscheidung für eine Realschule oder in eurem Fall Gesamtschule ja noch lange nicht bedeutet, dass er kein Abitur machen wird. Ich habe gelesen, dass bei uns (in Bayern) mittlerweile schon um die 40% (!) der Abiturienten nicht über das Gymnasium gegangen sind, sondern ihr Abi oder Fachabi an der FOS oder noch auf anderen Wegen gemacht haben. Das mag auch wieder in NRW ganz anders sein, aber es gibt definitv auch andere Wege zum Abitur als direkt nach der Grundschule auf das Gymnasium zu wechseln. Es geht also NICHT darum jetzt zu entscheiden welchen Abschluss er machen soll, sondern es geht darum jetzt die Schule zu finden, auf der er sich in den nächsten Jahren am ehesten wohl fühlen und gut entwickeln kann.
Zuletzt editiert am: 15.02.2019, 21:55 Uhr, von: BabyOne
"Gute Erziehung heißt zu verbergen, wie viel wir von uns selbst halten und wie wenig von anderen." (Mark Twain)
15.02.2019, 21:38 Uhr | bke-Hana-Blum
Sehr geehrte Blume74,

zunächst sende ich Ihnen ein herzliches Willkommen aus dem Team der Moderator*innen dieses Forums.

Sie machen sich Gedanken um die Schulwahl für ihren jetzt 9-jährigen Sohn, der im Sommer auf eine weiterführende Schule gehen wird. Ein Thema, das viele Eltern beschäftigt, die Kinder in diesem Alter haben. In Ihrer Familie gibt es einerseits den nachvollziehbaren Wunsch Ihres Sohnes, gemeinsam mit Freunden aufs Gymnasium zu gehen. Andererseits hören Sie die (für Sie nicht ganz so nachvollziehbare) Empfehlung der jetzigen Grundschule für den Besuch einer Realschule. Sie selbst sind jetzt Hin- und Hergerissen und möchten vor allem eines, nämlich eine Entscheidung zum Wohle Ihres Kindes.

Sie haben inzwischen Ihren Sohn in einer Gesamtschule im Realschulbereich angemeldet. Beim Lesen Ihrer Zeilen hatte ich fast den Eindruck, als würde Ihre "innere Stimme" etwas anderes sagen. Vielleicht auch, weil Sie Ihren Sohn gut kennen und ihm vieles zutrauen.

Es "richtig" zu machen, das ist aus meiner Sicht bei der Schulwahl wahrlich eine schwierige Angelegenheit. Wie Sie und Ihr Kind ja bereits erfahren haben, hängt die Schulkarriere ja von vielen nicht vorab zu beeinflussenden Faktoren ab.

Ich hoffe, dass Sie hier im Elternforum noch viel Resonanz von anderen Eltern auf ihre Anfrage erhalten werden, um Ihre Gedanken mit anderen zu diskutieren und zu einer guten Entscheidung zu kommen. AnjaLe hat Ihnen bereits den aus ihrer Sicht zu empfehlenden Weg beschrieben. Sicherlich gibt es auch Stimmen, die die andere Richtung befürworten würden.

Ihnen wünsche ich einen Austausch im Elternforum, der Sie bestärkt, um eine innere Entscheidung zu treffen zu der Sie stehen können und die Ihrem Sohn zu Gute kommt.

Ganz herzliche Grüße
bke-Hana-Blum
15.02.2019, 20:45 Uhr | AnjaLe
Hallo Blume74,

ich stand mal vor dem gleichen Problem.

Die Gesamtschule war überfüllt , was auch daran lag, das sie in NRW noch 9 jährig zum Abitur führte. So blieb am Ende nur das Gymnasium. Geplant war, das meine Tochter vor der Oberstufe abgeht, um dann auf anderen Schule einen adäquaten Abschluss mit ansehnlichen Noten woanders zu bekommen. Am Ende hatt sie das Abitur am Gymnasium geschafft, was letztendlich aber auch nur an einem Schulwechsel lab, durch Umzug.

Das Gymnasium erzeugte in den ersten 2 Jahren eine Druck und Drohkulisse, das es ja ums aussieben ging. Ob das jetzt für alle Gymnasien gilt, kann ich nicht beurteilen. Der Schulleiter vertrat die Ansicht: Deutschland ist Abi-Land und nur die harten, kommen in den Garten ... und so war das ganze auch organisiert. Der enorme Druck führte an der Schule meiner Tochter zu Mobbing und extrem agressivem Verhalten der Schüler. Aber wie gesagt, es ist sicherlich nicht überall so.

Ausschlaggebend ist auch, was angestrebt wird. Wenn jemand ein akad. Studium (Arzt, Apotheker, Anwalt...) anstebt, führt sicher kein Weg am Gymnasium vorbei, weil das Gymnasium mit seiner Lernmethodik auf ein Studium aufbaut.

So wie sich das liest und auch ich selber bin nach wie vor der Meinung, das eine Gesamtschule die optimale Lösung ist, weil diese Schulform dynamischer auf schwächere Schüler eingeht und ein breiteres Spektrum abdeckt. Daher plädiere ich für die Gesamtschule.

Aus meiner Wahrnehmung heraus deckt das Angebot hier in NRW die Nachfrage bei weitem nicht.

Macht das Gymnasium denn bei G9 mit?

VG
Anja

Treffer: 11

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