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08.06.2017, 21:51 Uhr | lapaloma
Ein herzliches Hallo an alle,
mein älterer Bruder, bald 28, leidet nun seit bald 10 Jahren an Depressionen, hat bereits 2 längere stationäre Klinik-Aufenthalte und diverse Therapien sowie Anti-Depressiva hinter sich, weigert sich aber nun einmal mehr, diese, v.a. die Therapiemöglichkeiten, wahrzunehmen. Ich muss hier etwas weiter ausholen, da sich die ganze Situation etwas komplexer gestaltet.

Mein Bruder ist, wie schon gesagt, beinahe 28 Jahre alt, lebt nun wieder seit September bei meinen Eltern, nachdem er 1 Jahr lang weder mit ihnen noch mit mir Kontakt hatte (von ihm ausgehend) und stattdessen uns für alles, was in seinem Leben schief läuft, verantwortlich gemacht hat - und dies auch weiterhin tut. Er hat im Herbst das erste Staatsexamen in Jura gemacht, seitdem liegt er allerdings auf der faulen Haut, schläft den ganzen Tag und nachts schaut er diverse Serien - sonst ist er sozial völlig isoliert, hoch verschuldet (der Gerichtsvollzieher müsste demnächst vorbeikommen) und hat keinerlei Perspektive, da er nun die weitere juristische Laufbahn (Referendariat und 2. Examen) nicht mehr machen möchte. Er ist sich allerdings auch zu schade, einen "niederen" Job auszuüben. Sein Arzt-Patienten-Verhältnis hat er aufgekündigt, nachdem seinem Psychiater bekannt wurde, dass er ihm ein einziges Friede-Freude-Eierkuchen-Märchen vorgeschwindelt hat. Er nimmt also bis dato dieses Hilfsangebot überhaupt nicht wahr.

Nun gestaltet es sich leider so, dass er ein recht aggressiver Mensch ist, der, wie gesagt, mich und v.a. meine Eltern, für seine recht unschöne Lebenssituation verantwortlich macht und meine Eltern gerade in letzter Zeit aufs Übelste beleidigt und einmal sogar meiner Mutter Schläge angedroht hat. Das große Problem, das sich für uns darstellt, ist, dass er leider dieses Mal noch keinen konkreten Anlass geliefert hat, dass wir ihn würden zwangsweise einweisen können - wie beispielsweise eine Selbstmord-Androhung oder ein solcher Versuch. Zumindest hat uns die Polizei hier mitgeteilt, dass uns da so lange die Hände gebunden seien, bis ein solcher konkreter Fall einträte.

Wie man sich nun vielleicht zumindest teilweise vorstellen kann, ist das "Zusammen"-Leben mit meinem Bruder für meine Eltern nicht sehr leicht, - und sie haben die letzten 10 Jahre auch wirklich alles versucht, nehmen bis zuletzt Rücksicht auf ihn wegen seiner Krankheit - momentan lässt sich mit ihm aber wirklich gar nicht mehr reden (verweigert das völlig oder wird aggressiv), er verschanzt sich in seinem Zimmer, und wird meinen Eltern gegenüber - wenn sie ihn denn einmal sehen - nur maßlos ausfallend. All die angenehmen Aspekte des "Bei-den-Eltern-Wohnens" nimmt er natürlich gerne an, sieht das sogar als sein Recht an.

Nun. Da wir ihn offensichtlich nicht in eine psychiatrische Betreuung einweisen können, stellt sich für uns die Frage, ob wir ihn denn zumindest irgendwie "rauswerfen" können, da ein Zusammenleben, wie angedeutet, nicht mehr möglich und meines Erachtens auch nicht zumutbar ist. Und außerdem natürlich, ob wir sonst irgendetwas tun können, auch wenn er sich weigert, denn ganz offensichtlich befindet er sich ja gerade in einem riesigen depressiven Tief, aus dem er alleine nicht mehr rauskommen kann.

Insgesamt bin ich recht verzweifelt, da ich weiß, dass meine Eltern mittlerweile auch wirklich an den Grenzen ihrer psychischen Belastung stehen und auch ich endlich möchte, dass sich da etwas ändert.

Vielen Dank schon mal!
LaPaloma
28.06.2017, 10:44 Uhr | PapaDave90
Hallo,

ja Depression ist ein schwerer Thema, kenne das selbst zur genüge.
Es ist wahrlich ein Teufelskreis in dem man sich da befindet, aus dem man alleine leider nicht herraus kommt. Der "bequemste" Weg ist natürlich ihn einzuweisen oder rauszuwerfen... Aber das würde die Lage verschlimmern.

Depressive brauchen eine Motivation von aussen... Einen Grund sich anzustrengen. Wenn er so viel Zeit hat soll er sich einen Plan machen, wie er zu seinem studierten Job findet und den abarbeiten.
Initiative zeigen und sich "Fortbilden"... Aktuelles aufschnappen... Der Gang zum Bäcker oder Zeitungsladen jeden Morgen zur festen Zeit. Vorlesungen besuchen. Kontakte zu Leuten knüpfen.

So als Beispiele die kleine Schritte sind aber oft den Stein ins Rollen bringen. *smiling*

Erstmal weiterhin Geduld und bisschen Mitgefühl mit deinem Bruder Daumen hoch
gutmütiger und warmherziger
Medizinmann/Jugendbetreuer
mit einem Herz aus Glas
09.06.2017, 09:43 Uhr | figuralis
Liebe lapaloma, dass jemand mit einer psychischen Erkrankung therapeutische oder auch medikamentöse Behandlung verweigert, ist nicht so ungewöhnlich - und natürlich ist das schon für sich belastend, wenn er wegen seiner Depression jetzt nichts hinkriegt und im "Hotel Mama " verweilt.

Das mit der Aggression und dem Androhen von Schlägen ist aber eine andere Geschichte - darunter leidest Du und Deine Eltern. Ob der sozialpsychiatrische Dienst da helfen kann, weiß ich nicht, aber eine Anfrage ist das sicher wert.
Wäre es denn eine Option für Deinen Bruder, dass er auszieht? Gibt es irgendwelche Momente, in denen er darauf ansprechbar ist, dass ihr so nicht mehr miteinander weiterleben wollt? Auf die Straße setzen: Das weiß ich nicht, ob man das wirklich gegen den Willen eines Menschen so durchziehen kann - ich könnte es nicht.
09.06.2017, 09:30 Uhr | Louise-19
Hallo, Alle,
ich würde bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgehen, daß Lapaloma selbst, oder ihre jüngeren Geschwister, oder ihr kleines Kind unter 21 Jahre alt sind,
und unter der angespannten Situation logischerweise leiden.
Gruß,
Louise
09.06.2017, 09:20 Uhr | Louise-19
Hallo, Lapaloma,
Dein Bruder ist zwar krank,
aber er tut nichts dagegen,
obwohl das möglich wäre.

Da er sich weigert, sich wie ein Kranker zu verhalten (Arzt, Therapie, Medikamente)
habt ihr das Recht und die Pflicht, ihn entsprechend,
also wie einen Gesunden,
zu behandeln.

Ich würde ihn jetzt vor die Tür setzen,
und vielleicht sogar eine Bannmeile für ihn verhängen lassen.

Zur Begründung: 1.Es ist Sommer, er wird also zumindest erstmal nachts nicht erfrieren.
2. Es gibt Obdachlosenunterkünfte.

Ich kann seine Aggressivität nicht einschätzen,
deswegen kann ich nur sagen, lieber einmal zu vorsichtig sein.
Viele Grüße,
Louise
09.06.2017, 08:36 Uhr | bke-Stephan-Bäcker
Hallo lapaloma,

AnjaLe hat Ihnen eine Antwort gepostet, die ich als hilfreich erachte. Leider hat sie auch mit diesem Punkt recht: Unser Angebot richtet sich an Eltern, deren Kinder noch nicht 21 Jahre alt sind. Wir haben diese Einschränkung, weil wir durch die Jugendhilfe finanziert sind und uns an gesetzliche Vorgaben halten müssen.

Ihnen wünsche ich alles Gute,

bke-Stephan-Bäcker
Zuletzt editiert am: 04.12.2018, 14:07 Uhr, von: bke-Stephan-Bäcker
08.06.2017, 22:55 Uhr | AnjaLe
Hallo lapaloma,

bevor einer der Moderatoren Dir mitteilt, das Dein Bruder mit 28 Jahren für dieses Forum (->21 Jahre) zu alt ist, möchte ich folgendes dazu schreiben.

Depressive neigen "in der Regel" nicht zur Gewalt. Möglicherweise können Absetzsymptome von Medikamneten oder etwas anderes dafür verantwortlich sein, weil er ja nicht mehr zu dem Arzt geht. Außerdem sollte der Arzt das Problem schon erst nehmen, geschwindelt wird da immer. Was die Zwangseinweisung angeht, hat die Polizei recht, aber selbst im Falle das er etwas macht oder androht, bleibt er nicht lange. Die Hürden dafür (Einweisung/Zwangsunterbringung) sind sehr hoch. Ihr könntet Euch vielleicht mal beim sozialpsychiatrischen Dienst der Gemeinde/Stadt/Kreis erkundigen, was man machen kann! Die sind für solche Fälle eher zuständig. Ob man ihn einfach aus der Wohnung auf die Straße setzen kann, weiß ich nicht, eigentlich schon, aber wo bleibt er dann? Ist immer eine Frage des Gewissens!? Ich würde bei dem o.g. Dienst mal nachfragen, die Stadtverwaltung müsste wissen, wo der für euren Wohnort zuständige Dienst sitzt.

Ein spezielleres Forum bietet die Stiftung Deutsche Depressionshilfe an, da gibt es auch eine Telefonberatung.

Alles Gute

Anja

Treffer: 7

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