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28.09.2017, 11:43 Uhr | SaRoBi
Guten Tag liebe Forumsgemeinde,

auf der Suche nach Antworten auf das "Problem" mit unserer Tochter möchte ich mich gerne an Euch wenden.
Ich werde nun versuchen den Sachverhalt zu schildern und würde mich über einen Ratschlag eurerseits freuen.
Meine Frau und ich sind seit Mai verheiratet und sie hat 2 Töchter von 13 und 15 Jahren mit in die Ehe gebracht.
Die "Große" ist seit nunmehr 2 Jahren immer mehr am abdrifften und wohnt seit dieser Zeit auch nicht mehr bei uns.
Sie hat keinen festen Wohnsitz und zieht eigentlich nur mit ihrem Freund durch die Gegend und lässt die Tage so vergehen.
Ihre Schlafstätten sind Notschlafstellen oder mal hier und da bei irgendwelchen Freunden. Seit geraumer Zeit besucht sie auch keine Schule mehr
und hat unserer Ansicht nach keine Ahnung wie sehr sie sich ihre Zukunft verbaut. Auch die Einnahme von Betäubungsmitteln spielt eine grosse Rolle, so
dass sie schon selbst festgestellt hat, dass ein Entzug Ratsam wäre. Vor 3 Wochen dachten wir dann, dass es Bergauf geht da sie in eine Wohngruppe vermittelt werden konnte. Die erste Woche wat toll, da sie nach 2 Jahren Strassenleben eine geregelte Schlafstelle und Mahlzeiten hatte. Die Betreuer waren sehr zuversichtlich, das dies der richtige Weg ist.
Leider erhielten wir gestern die Nachricht das unsere Tochter sich für das Verlassen der Wohngemeinschaft entschieden hat um wieder am Straßenleben teilzuhaben. In der ersten Woche sass ihr Freund in Arrest und alles lief gut. Kaum war er wieder "auf freiem Fuss" fingen die Regeln in der WG an zu nerven und der Weg zum Verlassen der WG nahm seinen Lauf. Ich denke sie wird nun wieder in ihre alten Verhaltensweisen die vom Schwarzfahren, Klauen und Drogenkonsum begleitet werden zurückfallen.
Wir haben ihr auch bei jedem Besuch gesagt, dass sie jederzeit nach Hause zurückkommen kann und prinzipiell auch ein gutes Verhältniss zu ihr.
Unseren Erachtens nach ist es der Freund, welcher einen dermaßen schlechten Einfluss auf sie hat und immer mehr abrutschen lässt. Wir haben schon zig Gespräche geführt in denen wir auf den Ernst der Lage hingewiesen haben aber scheinbar gehts das nicht in ihren Kopf. Wir verstehen nicht warum sie dieses Leben bevorzugt obwohl sie wirklich tolle Eltern und ein schönes zu Hause mit fast allen Freiheiten hat. Dies war jetzt mal die Kurzfassung und ich hoffe ich habe nichts vergessen.

Für eure Meinungen wie wir uns nun Verhalten sollen sind wir dankbar.

LG SaRoBi
Gruss SaRoBi
22.10.2017, 20:19 Uhr | Spidermom
Hallo Sarobi,

du schreibst dass du dir Sorgen um ihre Zukunft machst, aber genau jetzt scheint es deiner Stieftochter nicht gut zu gehen. Sicherlich denkt sie noch gar nicht so sehr daran was einmal wird, aber draußen schlafen, Drogenkonsum, das ist für sie bestimmt auch jetzt nicht schön. Wenn ihr mit ihr sprecht würde ich das in den Vordergrund stellen. Fragt sie wie es ihr heute geht. Wo sie geschlafen hat. Wie es mit dem Freund ist. Es wird schwer für sie sein irgendwann einmal ins normale Berufsleben einzusteigen, umso mehr muss sie es selbst wollen. Wenn ihr ihr immer wieder erzählt dass das was sie macht "falsch" ist fühlt sie sich vielleicht abgelehnt und "flüchtet" deswegen noch mehr vor euch. Sie will ja offensichtlich groß und unabhängig sein, da könnt ihr nicht viel mehr tun als für sie da sein.

Ich wünsche euch ganz doll alles Gute
01.10.2017, 14:19 Uhr | bke-Clara-Winzenberg
@AnjaLe

"Zwangseinweisung" ist ein Wort, das negative Assoziationen weckt, stimmt! Vielen Dank für die mahnenden Worte! Eine solche Maßnahme kommt äußerst selten zur Anwendung. Sie geschieht in der Regel zum Schutz eines Menschen, der akut suizidgefährdet ist oder eines Menschen, der das Leben anderer gefährdet.

Herzliche Grüße
bke-Clara-Winzenberg *smiling*
29.09.2017, 21:24 Uhr | AnjaLe
Hallo,

ich lese immer wieder, auch in anderen Beiträgen das Wort "Zwangseinweisung" und jedes mal ärgere ich mich darüber. Man kann niemanden zwingen, sich behandeln zu lassen. Es ist immer ein schmaler Grad, zwischen der Ethik der Medizin Menschenrechten und Persönlichkeitsrechten. In der DDR gab es die sog. "Disziplinierung durch Medizin" um Jugendliche ab 12, die von der gesellschaftlichen Norm abweichten, zu sozialistischen Persönlichkeiten zu formen! Ich denke, das niemand dahin zurückmöchte!

Wie serafina schon richtig erkannte, ist das nicht so einfach, ohne richterlichen Beschluß und Gutachten schon gar nicht. Die Hürden liegen dafür sehr sehr hoch und Schule schwänzen, schwarz fahren und Drogenkonsum reichen dabei bei weitem nicht aus. Anders sähe es aus, wenn sie aufgrund einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe verurteilt würde, dann kann alternativ über eine Therapie anstelle der Haft nachgedacht werden. Da sie erst 15 ist, kann es sein, das sich das irgenwann dahin entwickelt. Der Freund hat ja schon im Arrest gesessen. Was sagt denn das Jugendamt, die Schule? War sie schon mal selber vor Gericht?

Letzendlich kannst Du nur Dein Angebot, das sie Heim kann, offen halten und den Ämtern mehr auf die Füße treten. Ich weis, das es schwer fällt, aber erzwingen kannst Du nichts.

Liebe Grüße
Anja
29.09.2017, 14:42 Uhr | bke-Clara-Winzenberg
Hallo SaRoBi,

als Moderatorin in diesem Unterforum der Virtuellen Beratungsstelle begrüße ich Sie herzlich!

Ihre Stieftochter befindet sich in einer für Eltern kaum auszuhaltenden Lage und scheint im Moment sämtliche Hilfsangebote abzulehnen. Solche Situationen sind für alle Beteiligten schmerzhaft und erzeugen ein Gefühl von Hilflosigkeit. Normalerweise werden zunächst Polizei und Jugendamt eingeschaltet, um jugendliche Minderjährige aufzugreifen und in Sicherheit zu bringen. Laufen diese Jugendlichen jedoch bei jeder Gelegenheit wieder weg, kann nicht eingegriffen werden. Durch beharrliche Gesprächsangebote oder eventuell nach einer Zwangseinweisung in die Kinder- und Jugendpsychiatrie kann im Laufe der Zeit eine Jugendliche wieder erreicht und aufgefangen werden. Das dauert jedoch! Gelegentlich verändert sich das Verhalten wieder, wenn Ihre Stieftochter zum Beispiel persönlich durch den Freund enttäuscht werden würde und erkennt, dass sie nur ausgenutzt wird.

Sie und Ihre Frau sollten sich gegenseitig stützen und Ihre Beziehung und das Geschwisterkind nicht aus den Augen verlieren! Die offene Haltung gegenüber der Älteren ist ein richtiges und vielleicht im Moment das einzige Signal, das Sie senden können.

Herzliche Grüße
bke-Clara-Winzenberg *smiling*
29.09.2017, 08:11 Uhr | marinadiezweite
Hallo SaRoBi, das geschilderte Problem ist sehr schwer zu lösen. Wie ist denn die Vorgeschichte dazu. Wann fingen die Probleme an? Oftmals ist es so, dass die Dinge schon frühzeitig einen unguten Verlauf nehmen. Dass schon mit Beginn der Pubertät, manche Mädchen kommen sehr früh da rein, die Probleme beginnen.
Wobei ein behütetes Elternhaus leider keine Garantie für einen tollen Lebensweg ist. So ein unaufgeregtes Leben, so schön das ist, das scheint bei ihr gerade nicht beliebt zu sein. Ebenso, wie sie sicher zur Zeit gar nicht auf Reden steht. Da mag alles zuhause noch so schön sein.
Ich denke, dass das betreute Wohnen ein erster guter Anlauf war. Aber die Macht der Gewohnheit ist sehr groß. Auf der Straße leben, dazu gehört schon was. Dazu kommt ja, dass dann nicht mehr zur Schule gegangen wird. In der Wohngruppe besteht sicher sofort wieder Schulzwang. Ich denke, es wäre gut, einen weiteren Versuch zu starten. Auch den Kontakt zu halten.
Leider scheint sie total unter dem Einfluss des jungen Mannes zu stehen. Und sie sieht ja daran auch, dass es möglich ist, ein Leben ohne Verpflichtungen zu haben. Wo bekommt sie denn Geld her für Essen und Trinken? Wie ist der Kontakt zur jüngeren Schwester?
Eine Zwangseinweisung, kann man probieren. Mag sein, dass es dann auch Möglichkeiten gibt, an sie emotional ranzukommen. Zu ergründen, wie man sie wieder auf die Bahn bringt. Denn sicher, oft tut es den jungen Leuten später leid. Aber genauso oft finden sie nicht wieder in ein normales bürgerliches Leben zurück.
Einen Tipp hab ich wegen der Grenzen zu Hause. Ich meine, dass eine 15-jährige zu Hause Grenzen braucht. Zu locker und offen ist nicht so vorteilhaft. Denn letztlich geht ja der Lebensweg doch irgendwie in Richtung Verpflichtungen, zumutbare Verpflichtungen, Schule, Ausbildung, Aufgaben zu Hause.
Zuletzt editiert am: 04.12.2018, 14:07 Uhr, von: marinadiezweite
28.09.2017, 12:54 Uhr | SaRoBi
Hallo Serafina,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Ich sehe das auch so mit dem Freund. Ich denke wenn man sie z.B. Zwangseinweisen lassen würde wäre der eigentlich recht gute Kontakt auch dahin. Eigentlich bleibt hauptsächlich zu hoffen das sie mal wieder aus ihrem Traumleben aufwacht.
Gruss SaRoBi
28.09.2017, 12:38 Uhr | -serafina-
Lieber SaRoBi,

es hat mich sehr berührt, Deinen Text zu lesen. Ich finde es toll, dass Du dem Mädchen, das ja gar nicht Dein Kind ist, dennoch weiterhin das Angebot offen hältst, nach Hause zu kommen. Wissend, dass auch dies kein Zuckerschlecken wäre und beinahe zweifelhaft, ob es für Dich, Deine Frau und die jüngere Tochter nicht zu einer Zerreißprobe werden könnte.

Ich weiß nicht, welcher Hintergrund zu dieser Entwicklung beigetragen hat. Ist bei der jüngeren Tochter alles im Lot? Die Große ist jetzt 15, sie ist minderjährig. Was kann man machen?

Man könnte versuchen, Sie in einer geschlossenen therapeutischen Einrichtung unterzubringen (in der Hoffnung, dass sie durch Therapie "gerettet" werden könnte). Das geht aber nur mit richterlichem Beschluss. Den gibt es nur, wenn ein Gutachten den Richter davon überzeugt, dass sie für sich selbst oder für andere eine Gefahr darstellt. Das ist ein steiniger Weg und ein Wagnis, weil erzwungene Therapie sehr schwierig ist, manchmal aber die letzte Hoffnung.

Besser ist natürlich auch immer, die Jugendlichen für eine Maßnahme zu gewinnen. Das wäre ja beinahe gelungen, wie schade, dass es sich nun anders entwickelt hat. Sie hat aber eine positive Erfahrung dort gewonnen, die vielleicht in ihr wirkt, so dass sie noch einen oder zwei Anläufe braucht, wer weiß.

Gegen den Freund kommt Ihr nicht an. Wenn er schon im Arrest war, besteht ja die Hoffnung, dass er auch al eine Jugendstrafe bekommt. Das klingt sarkastisch, ich meine es aber nicht so. Aber es wäre evtl. eine Chance, dass Eure Tochter sich nochmal auf ein Wohnprojekt einließe und sich womöglich bis zu seiner Entlassung in ihrer Gruppe gebunden und Stabilität entwickelt hätte, um ihn und ihr Leben mit anderen Augen betrachten zu können.

Eure Möglichkeiten sind also sehr begrenzt. Ich nehme an, Ihr habt alle Jugendhilfeangebote und Beratungen bereits ausgeschöpft. Dass Ihr in Kontakt bleibt zu ihr, ist vermutlichc das Einzige, was Ihr noch tun könnt, und das macht Ihr ja auch, finde ich super. Der Wille, ein anderes Leben zu führen, muss in ihr wachsen, es ist ihr Leben und ihre Verantwortung.

Ich wünsche Euch sehr viel Kraft und den Mut, mit dem verbliebenen Kind glücklich zu sein
Serafina

Treffer: 8

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