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gerade habe ich erneut ein Interview mit Ciro Ortiz gelesen und mal wieder bin ich davon sehr bewegt. Ciro ist ein 12-jähriger Junge, der in den USA recht bekannt dafür ist, dass er ab und an in NYC sitzt und meinen Job macht. Er berät Eltern in Sachen Erziehung. In den deutschen Medien ist derzeit zum Beispiel auf der Seite des Sterns von ihm zu lesen.
Mich beeindrucken sein Mut und die klaren Worte, die er findet (und die ihn bei seinen Freunden vielleicht nicht immer beliebt machen?) und überhaupt der Gedanke, dass er sich als Kind zu diesem Thema zu Wort meldet – und sowohl gehört als auch ernst genommen wird. Vielleicht liegt es an meinem Job als Erziehungs- und Familienberaterin (aber vielleicht nicht nur daran) dass ich es wichtig finde, Kindern Gehör zu schenken, ihnen Raum zu geben und sie partizipieren zu lassen.
Und dann beäuge ich die eben geschriebenen Zeilen kritisch und denke: Kann ich das uneingeschränkt so sehen, schreiben und stehen lassen? – Nein.
Gerade aus meinem Job heraus weiß ich, dass es Bereiche gibt, in denen man Kinder zwar nach Ihrer Meinung und ihrem Willen fragen, diese aber nicht als Grundlage für Entscheidungen nehmen sollte. Beispielsweise, wenn sie in Loyalitätsdruck geraten oder die Folgen (noch) nicht absehen können, stellt sich in unserem Berufsfeld immer wieder die Frage wieviel Partizipation möglich und wieviel Schutz nötig ist.
Und damit mein Beitrag nicht wieder als (von mir unbeabsichtigtes) Umfrage-Thema gelesen wird, lasse ich ihn einfach so stehen. Ohne abschließende Frage. Als ein Thema, auf das ich gerade wieder aufmerksam geworden bin, dass ich spannend finde, dass vielleicht nicht neu ist im Elternland, aber aus meiner Sicht immer aktuell und dass ich deswegen gerne teilen möchte und bei dem Partizipation möglich, aber nicht nötig ist
bke-Ida Lindt
danke, für die vielen Beiträge, die ich gerade gespannt gelesen habe, und inspirierend für weitere Ideen & Gedanken finde.
Zu meinem jungen New Yorker Erziehungsberater-Kollegen wurde vor allem die Frage besprochen, wieviel Einfluss Kinder auf Erwachsene und Entscheidungen nehmen können/sollten und zu welchen Themen. Ich habe das Wort "Berichterstatter" raus gelesen und so verstanden, dass man Kinder und ihre Meinung und Einstellung hört und ernst nimmt und sie auch durch den "Erwachsenen Filter" betrachtet. Spannend fand ich auch, dass darauf aufmerksam gemacht wurde, dass Kindheit letztlich ein gesellschaftliches Konstrukt ist und auch "wir Erwachsene" nicht immer erwachsener sind, als unsere Kinder und man Kindern vielleicht auch etwas mehr zutrauen/zumuten kann.
Inhaltlich hat Sie das Thema Geschwisterstreit besonders berührt und die schwierige Balance aus eingreifen & nicht eingreifen: Wann muss man Kinder schützen (auch oder gerade vor Geschwistern?) und wann wäre es eine Entmutigung einzugreifen, weil man vielleicht vermittelt, dass das Kind es nicht alleine schafft? (Ab) wann und wie können Kinder vielleicht auch an der Lösung von Konflikten beteiligt werden? - Also: Wie können Eltern die Konfliktfähigkeit ihrer Kinder stärken? ...keine leichten Fragen, auf die es keine schnellen Antworten gibt. Besprochen haben Sie dabei den Einfluss von eigenen Erfahrungen mit Geschwistern, dass jüngere nicht immer schwächere Geschwister sind und dass faire Behandlung nicht immer gleiche Behandlung sein muss. Dabei fällt mir die Karikatur ein, auf dem unterschiedliche Tiere abgebildet sind (ua. ein Affe, ein Elefant, ein Vogel, ein Goldfisch im Glas) und jemand der etwas sagt wie "Damit es gerecht ist bekommt ihr alle die gleiche Aufgabe: klettert auf einen Baum". Vielleicht ein hilfreiches Bild?
Soweit ein paar zusammenfassende Zeilen von mir. Ich freue mich auf den weiteren Austausch!
bke-Ida Lindt
Hallo serafina, du machst dir viele Gedanken. Vielleicht auch, weil du selbst manchmal in der Geschwisterfolge die schwächere weil jüngere warst.
Ist ist jedoch auch wichtig, sich nicht zu sehr seine eigenen Erfahrungen zu projizieren. Man sagt dann gerne mal, ach, lass doch die kleine, die versteht das noch nicht, die kann das noch nicht. Was eine Art Geschwisterwut zur Folge hat.
Ich finde es daher wichtig, auch genau hinzuschauen. Was ist gerade los. Die große drückt sämtliche Knöpfe, wie meinst du das. Die kleine fühlt sich ohnmächtig. Das könnte eine Situation sein, um einzugreifen. Aber nicht mit dem Ergebnis, dass nachher die Große als gemein dasteht und die Kleine sich freut. Weil Mama das geregelt hat oder weil sie vorher heimlich immer die große gepiesackt hat.
Das ergibt sich manchmal aus der Situation. Wenn man die Kinder fragt, kann man ja alle Seiten anhören. Da ist nichts verboten zu sagen. Und wenn es echt hart kommt, dann kannst du auch eine Entscheidung vertagen. Mit zunehmendem Alter auch beide an einer Lösung beteiligen. DAnn bist du nicht die böse Mama, die alles eigentlich nur noch schlimmer macht. Sondern die Schlichterin, die einen guten Erwachsenentipp gibt. Manchmal ist es auch nötig, Kinder für eine Weile zu trennen. Kleine und große, das geht nicht immer gut, muss man auch respektieren.
So lernen die Kinder auch, dass Eltern nur in Notfällen Beschützer sind, ein gutes Klima wollen. Und sie selbst auch stark sein können im Finden von guten Lösungen.
Aber zurück zum Thema: Natürlich sehe ich diieses Thema in unserem aktuellen gesellschaftlichen Kontext. In einer anderen Gesellschaft zu einer anderen Zeit wäre auch der Blickwinkel ein anderer. Aber in unserem Hier und Jetzt bin ich ganz klar der Meinung, es ist wichtig, Kindern zuzuhören und darüber nachzudenken. Es ist aber auch wichtig, das anschließend durch einen Erwachsenen-Filter zu betrachten. Die Gefühle der Kinder aufnehmen (wiedererinnern) und die Erfahrung der Erwachsenen mit einfließen lassen. Daraus entstehen sehr fruchtbare Diskussionen, und das finde ich noch viel weiterführender als Beratung, denn in einer Diskussion kann man sich eine Haltung erarbeiten, ob Kind oder Erwachsener.
Mit den Loyalitätskonflikten haben Sie vielleicht recht, aber ich frage mich mittlerweile auch ob es immer gut ist so etwas von einem Kind fern zu halten. Wenn es zum Beispiel um die Frage geht, bei getrennten Eltern, bei wem das Kind die Ferien verbringen soll. Ich fände es auch zuviel das Kind mit der Frage direkt zu konfrontieren. Aber wenn das Kind dazu eine klare Meinung hat, können die Eltern ja schon überlegen, ob sie auf den Wunsch des Kindes eingehen können. Und sie sollten versuchen dem Kind nicht das Gefühl zu geben, dass es illoyal dem anderen Elternteil gegenüber handelt. "Ich werde dich vermissen, aber ich freue mich wenn du eine schöne Zeit mit .... hast". Das sollten Erwachsene wegstecken können.
Bei Geschwisterstreit eingreifen oder sich heraushalten würde ich spontan entscheiden. So versucht man, die Kinder gerecht zu behandeln. Was nicht immer bedeutet, man behandelt sie gleich. Auf einen kleineren extrem Rücksicht nehmen, ihm manches zu erlauben, weil er es noch nicht besser weiß oder kann, ist da keine gute Idee. Das sind Dinge die einfach Erwachsene entscheiden sollten. Genau, wie serafina das schreibt, meist ist einer der schwächere und das ist nicht immer der kleinere von den Geschwistern. Da hab ich als Erwachsene eine spezielle Vorstellung, damit die beiden nicht nachher mich hassen sondern vernünftig miteinander spielen.
Es gibt vieles, was Geschwister allein regeln können. Dann ist es gut, sich rauszuhalten. Eltern blicken nicht immer durch, was gerade gelaufen ist.
Kinder als Ratgeber sollten nicht mehr als sagen wir mal Berichterstatter sein.
Vor allem bei schwerwiegenden Konflikten, die sie für die Eltern versuchen zu regeln, bleibt schnell mal der Respekt vor den Eltern aus. Oder sie übernehmen eine Art Vaterrolle, die ihnen nicht zusteht und auch nicht guttut. (Besonders, wenn sie gegenüber Geschwistern Berater- und Erzieherrolle übernehmen sollen).
jetzt habe ich mal nach dem Jungen, der mir bislang auch kein Begriff war, gegoogelt. Fand die Antworten für einen 12-Jährigen schon ein bisschen altklug, erhlich gesagt. Was mich sehr berührte war die Aussage in einem Interview auf die Frage, ob Eltern im Geschwisterstreit sich generell eher raushalten oder einschalten sollten, dass er fürs Einschalten plädierte. Seine Begründung war, dass ja selten nur einer recht hat. Meine Interpretation, dass aber einer von beiden meist der Schwächere ist.
Wie Du, Marina, halte ich es für bereichernd, Kinder nach ihrer Meinung zu fragen, letztendlich aber als Eltern Bestimmer zu bleiben. Die Machtverhältnisse müssen klar sein. Nicht, um die Kinder mit der elterlichen Macht zu unterdrücken, sondern um ihnen Rückhalt und Sicherheit zu gewähren. Es gibt da ja den Begriff der Parentifizierung, wenn Kinder glauben, ihren Eltern helfen zu müssen, sie stützen, schonen oder beraten zu müssen und dadurch in ihrem kindlichen Bedürfnis nach Beschütztwerden und Sicherheit auf der Strecke bleiben.
Trotz allem finde ich wichtig, Kinder in ihrer Meinung ernstzunehme, sie anzuhören und auch darübre nachzudenken. Ich habe daraus schon so manche Erkennntis gewonnen und mein Kind mit anerkennend neuem Blick betrachtet.
Eskommt viel drauf an, wo ich Kinder um Rat frage. Tipps von ihnen sind nicht verkehrt. Letztlich bleiben aber die Eltern die Bestimmer. Man merkt das schon manchmal, wo Kinder vor große Entscheidungen gestellt werden. Würde man sie lassen, würden sie mit sechs eine ganze Tafel Schokolade zum Abendbrot essen. Mit 12 rauchen und trinken probieren, um mal zu sehen wie das ist. Erfahrungen kann man ja sammeln, wenn man die Wahl hat. Ich glaube, Kinder würden meist sehr liberale Ideen haben.
Vielleicht auch mal einige paar Tage in der Schule fehlen, wenn es gerade doof ist. Oder womöglich Eltern beraten, wenn diese sich viel zoffen.
Wo Geschwister sind, ist es auch so schon manchmal kniffelig. Kinder sagen da ja durchaus ihre Meinung. Fühlen sich benachteiligt. Da kann man schon mal Tipps erhalten. Ich finde es aber wichtig, dass die Eltern die Übersicht und die ''Macht'' behalten. Kinder werden sonst auch gern mal altklug oder sehr bestimmend in vielen Lebenslagen.
Treffer: 8
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