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26.05.2016, 19:43 Uhr | chrysantheme
Hallo,

heute hat mein neunjähriger Sohn nach einem bestimmt dreißigminütigen Schrei- und Weinkrampf geäußert, dass es wohl besser sei, wenn er nicht mehr leben würde. Vor einigen Tagen sagte er mir, dass er "keinen Sinn im Leben sehen" würde. Dies hat er auch zu einer anderen Person gesagt. Mein Sohn hat Asperger-Autismus, und sein Verhalten ist extrem schwierig.
Heute lief es z.B. in der Schule gut, weil er wegen komorbidem ADHS nun Ritalin (Medikinet) bekommt. Nachmittags jedoch, wenn die Wirkung nachlässt (so scheint mir), geht der Horror los: lautes Brüllen und Weinen, etwa wie ein dreijähriges Kind, wenn ihm irgend etwas nicht passt. Derbe Beschimpfungen. Tätliche Angriffe.
Oft sagt er mir, er sei von der Schule gestresst, die anderen Kinder würden ihn immer ärgern. Von der Lehrerin höre ich jedoch das Gegenteil: ER greift andere Kinder grundlos oder aus einem nichtigen Grund heraus an. Kürzlich hat er ein Kind gewürgt, ein anderes blutig gekratzt. Wie vom Teufel besessen....
Es geht ihm schlecht, er fühlt sich anscheinend irgendwie unglücklich und belastet, aber ich weiß nicht, was ich tun soll.

Hat jemand vielleicht schon ähnliches erlebt?

Es ist wirklich schlimm. Noch dazu ist das Verhältnis mit den Nachbarn zerrüttet, weil er mal absichtlich, mal unabsichtlich zu laut die Treppe rauf- und runtergeht (Doppelhaushälfte mit offensichtlicher Schallbrücke). Die Nachbarn gehen früh ins Bett und haben eine vierjährige Tochter, deshalb soll ab 19:30 absolute Ruhe sein. Mein Sohn hat jedoch Schlafstörungen, und schafft es nur selten, vor 21:30 zu schlafen. Ich habe ihm schon tausend Mal gesagt, dass er LEISE gehen soll auf der Treppe, aber es funktioniert nicht.
Der Nachbar hat schon gedroht, es unserem Vermieter zu sagen, der dann mal herkäme und für Ruhe sorge. Und warum wir uns kein freistehendes Haus gemietet hätten.
Es wäre dann die zweite Wohnung, aus der wir wegen unseres behinderten Kindes herausfliegen würden.

Mein Sohn weiß das natürlich alles auch. Wahrscheinlich belastet ihn das sehr. Aber was kann ich denn tun? Er ist bereits in einer Autismustherapie, außerdem kommt eine SPFH zu uns (Familienhilfe).
Ich bin traurig und ratlos...

Viele Grüße
chrysantheme
31.05.2016, 16:13 Uhr | chrysantheme
Hallo BabyOne,

vielen Dank für deine bestärkenden Worte. Genau das, von dem du schreibst, was NICHT passieren sollte, ist nämlich nun schon zahlreiche Male - fast jeden Abend - passiert: Wir haben den Druck an unseren Sohn weitergegeben, und versucht, ihn so "auf Linie" zu bringen. Auf Linie der Nachbarn....
Das ist rückblickend wirklich traurig. Kein Wunder, dass das Kind Depressionen bekommt.

Aber du hast recht: in Zukunft trete ich selbstbewusster gegenüber diesen Nachbarn auf. Nun muss ich nur noch meinen Mann überzeugen, dass er dies auch tun muss.
Vielen Dank nochmal
chrysantheme
29.05.2016, 21:11 Uhr | BabyOne
Hallo Chrysantheme,

auch ich möchte Dich gerne nochmal in der Hinsicht bestärken, den Nachbarn gegenüber selbstbewusster aufzutreten. Für eine mangelhafte Schalldämpfung kannst Du nichts, und auch ein etwas lauteres Stampfen auf der Treppe ist ganz normales "Wohnverhalten". Das hat noch nicht mal etwas mit der Behinderung zu tun. Man kann den Nachbarn durchaus freundlich sagen, dass man sich sehr bemüht ihnen entgegen zu kommen und dass ihr extra ihretwegen sogar die Zimmer getauscht habt. Genauso freundlich darf man aber auch darauf hinweisen, dass sie damit zufrieden sein müssen und die Nachtruhe erst um 22 Uhr beginnt und dass vielleicht SIE diejenigen sind, die ein freistehendes Einfamilienhaus mieten sollten, wenn sie so besonders lärmempfindlich sind.

Gib bloß nicht den Druck der Nachbarn an Deinen Sohn weiter, denn er ist an dieser Stelle nicht das Problem.
Zuletzt editiert am: 04.12.2018, 14:07 Uhr, von: BabyOne
"Gute Erziehung heißt zu verbergen, wie viel wir von uns selbst halten und wie wenig von anderen." (Mark Twain)
27.05.2016, 17:51 Uhr | chrysantheme
Vielen Dank für Eure/Ihre Antworten.

einen Schulbegleiter hat mein Sohn bereits. Allerdings scheint er in der Pause nicht dabei zu sein. Es ist so, dass ein guter Bekannter, der Rentner ist, die Schulbegleitung unentgeltlich übernimmt. Er war früher im sozialen Bereich tätig.

Mit der Lehrerin kann man gut sprechen, sie ist sehr engagiert, was meinen Sohn anbelangt. Aber was soll ich von ihr verlangen? Er hat schon Nachteilsausgleich etc., darf z.B. Klassenarbeiten in einem separaten Raum schreiben.

Wenn er in der Pause nicht mit den anderen draußen wäre, würde er sich womöglich ausgeschlossen fühlen, aber ich werde ihn mal fragen, ob das für ihn besser wäre.
Die Sache mit den Nachbarn stimmt.... es ist irgendwie überzogen. Dennoch haben wir heute die Kinderzimmer umgeräumt - das meines älteren Sohnes ist jetzt oben, und der jüngere hat nun sein Zimmer unten - wenn er wütend ist, muss er nun nicht mehr die Treppe raufrennen, um in sein Zimmer zu kommen. Dennoch werde ich das nächste Mal, wenn sie sich beschweren, darauf hinweisen, dass die Ruhezeit rein juristisch erst um 22:00 beginnt.

So können wir das Problem vielleicht doch noch entschärfen.

Das Problem mit dem Schulstress ist auch teilweise von ihm selbst "hausgemacht". Er hat sehr hohe Ansprüche an sich, sagt, dass eine zwei genauso schlecht wie eine sechs wäre, möchte aufs Gymnasium.... und das alles, obwohl wir ihm immer wieder sagen: wenn du eine drei hast und ab und zu eine vier, ist das auch absolut in Ordnung. Aber er hat eben seine eigenen Ansprüche entwickelt.

Viele Grüße
chrysantheme
27.05.2016, 14:21 Uhr | figuralis
Spontan habe ich jetzt auch gedacht, ob ein Schulbegleiter für Deinen Sohn vielleicht gut wäre. In der Grundschule meines Sohnes habe icch an einem Mitschüler (ebenfalls Asperger-Autist) meines Sohnes erleben können, wie viel das helfen kann - vorher war der Junge komplett entweder in sich gekehrt oder vollkommen außer sich, danach war er weitgehend unauffällig und konnte eben mit Hilfe der Begleitung aus Situationen, die für ihn einfach zu viel waren, heraus. Ist denn der Kontakt zur Schule so, dass mit den Lehrern geredet werden kann?

Natürlich ist das sehr belastend für Dich, Deinen Sohn so unglücklich zu sein - vor einigen Monaten hatten wir so eine Phase bei unserem pubertierenden Sohn, die mich auch sehr beunruhigte, weil er sich einfach irgendwie "falsch" vorkam ... Versuche das, was er an Stabilität und Regelmäßigkeit braucht, zu geben. Die Nachbarn finde ich ehrlich gesagt unverschämt - auch wenn Euer Verhältnis angespannt ist: Erklär Ihnen ruhig, dass Euer Sohn nicht gesund ist, dass ihr Euch natürlich bemüht, dass aber die Erwartung um "absolute Stille" vollkommen überzogen ist. Und versuche, auch wenn das schwer fällt, Deinen Sohn Deinen Ärger über die Nachbarn nicht so sehr mitbekommen zu lassen - nicht er ist "schuld", sondern die Nachbarn haben unangmessene Vorstellungen.

GLG
Figuralis
27.05.2016, 14:01 Uhr | Louise-19
Hallo, Chrysantheme,
könnte Dein Sohn eine andere Schule besuchen, die besser auf ihn eingehen kann?
Könnte er vielleicht einen Schulbegleiter bekommen?
Vielleicht kann ihm erlaubt werden, die Pausen in einem leeren Raum ohne andere Menschen zu verbringen,
immerhin sollen die Pausen der Erholung dienen,
und die wird Dein Sohn in Gegenwart anderer Kinder leider nicht finden.

Es gibt im Internet auch Foren speziell von und für Autisten,
die können Dir/ihm wahrscheinlich besser helfen.
Viele Grüße,
Louise
27.05.2016, 13:25 Uhr | bke-Claire-Diallo
Hallo chrisantheme,


vielen Dank für Ihr Vertrauen und dass Sie wieder den Weg zu uns gefunden haben.

Sie spüren, dass es Ihrem Sohn schlecht geht, dass er unglücklich und belastet ist. Irgendetwas scheint ihn stark zu überfordern, was er Ihnen gegenüber aber nicht ausdrücken kann. Sie sind also auf die Hilfe der Menschen angewiesen, die mit ihm zu tun haben. Ich würde zeitnah ein Gespräch mit der Therapeutin/dem Therapeuten vereinbaren, was ist ihre/seine Einschätzung. Gespräche mit der Lehrerin hatten Sie anscheinend schon. Dort haben Sie allerdings nur Klagen über Ihren Sohn gehört. Vielleicht können Sie in einem weiteren Gespräch einfach Ihre Sorge zum Mittelpunkt des Gesprächs machen (dass er Autist ist, das ist ja schon bekannt), nämlich dass Sie spüren wie überfordert er sich derzeit fühlt und fragen, ob die Lehrerin dies auch so wahrnimmt und ob sie dazu eine Idee hat.
Was sagt die Familienhilfe? Was fällt ihr dazu auf?

Sie selbst können helfen, indem Sie Ihrem Sohn das Gefühl geben, dass Sie ihm Sicherheit geben können und auf seiner Seite sind. Klare Strukturen, Zeitpläne und immer wieder herausfinden, wo das aktuelle Problem liegt, können helfen ihm diese Sicherheit zu geben.

Was die Nachbarn betrifft:
Zu erwarten, dass ab 19.30h absolute Ruhe herrscht finde ich völlig überzogen. Autismus hin oder her, einen 9jährigen Jungen könne Sie ab diesem Zeitpunkt nicht in den Kleiderschrank sperren, natürlich ist das dann ab und zu laut. Hier dürfen Sie ruhig auch selbstbewusster auftreten, sie müssen sich nicht vor allen und überall rechtfertigen.

Herzliche Grüße und ich wünsche Ihnen noch einen hilfreichen Austausch mit anderen Eltern.


bke-Claire-Diallo

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