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12.02.2016, 12:48 Uhr | bke-Georg Reuber
Liebe Eltern,

in den meisten Bundeländern erfolgten in den letzten zwei Wochen die Halbjahresbenotungen. Dieser Fakt ist für viele Kinder, Jugendliche, Familien und schulische Bezugssysteme der Zeitpunkt, verstärkt miteinander ins Gespräch zu kommen. Will sagen: Man redet mehr über Leistungen und Leistungsanforderungen, über Schulsysteme in ihren Möglichkeiten und Chancen. Es wird gelobt und es wird kritisiert.

Sie haben sich in den letzten Beiträgen schon sehr innovativ und klar zu den psychosozialen Folgen einer Leistungsgesellschaft geäußert. Durch Ihre Rückmeldungen erfahren wir mehr über Möglichkeiten, praktisch erprobte Lösungswege auszuprobieren.

Heute möchte ich auf die Studie der Bertelsmann-Stiftung aufmerksam machen: "Ausgaben für Nachhilfe – teurer und unfairer Ausgleich für fehlende individuelle Förderung." Demnach erhalten über 1,1 Millionen Schülerinnen und Schüler Nachhilfe. Dabei wird herausgearbeitet, dass schon im Grundschulalter eine hohe Inanspruchnahme erfolgt.

Die Studienleiter leiten davon ab, dass eine bestmögliche primäre Förderung im Schulsystem nicht mehr gewährleistet ist.

Entsprechend beschreiben die Autoren ja auch das Privileg ökonomisch besser gestellter Gesellschaftsschichten, was ja wiederrum die Chancenungleichheit zusätzlich verstärkt. Postive Effekte von in Anpsruch genommenen Nachhilfeunterricht sind belegt.


Nehmen Sie mit Ihren Kindern Nachhilfe in Anspruch?

Welche Erfahrungen haben Sie diesbezüglich gesammelt?

Was können Sie anderen Eltern und uns als Fachkräfte mit auf den "Weg" geben?

Beste Grüße von
BKE-Georg-Reuber
25.02.2016, 12:12 Uhr | bke-Georg Reuber
Liebe Eltern,

vielen Dank für Ihre Erfahrungen, die Sie zur Verfügung stellen. Letztendlich entnehme ich ihren Antworten, dass sich die optimale Hilfe dann entfalten kann, wenn sich spezifische Fragestellungen ergeben. Also Kinder etwas nicht verstehen, Lernblockaden aufweisen und einfach auch eine andere Lehrperspektive benötigen. Alles andere, also bei Maßnahmen die dazu führen sollen, dass eine schulische Platzkarte (Gymnasium) auf biegen und brechen durchgesetzt werden soll, ergeben sich Schwierigkeiten. Dann ist aus meiner Sicht der Bildungsauftrag verfehlt.

Ich erinnere mich dahingehend auch an die kritischen Bildungsanalysen des lateinamerikanischen Pädagogen Paulo Freire, der den Privatisierungsdruck der Bildungseinrichtungen und die damit einhergehende Soziale Auslese untersuchte. Er erkannte in der praktizierten Lehrmethode eine Art "Bankierspädagogik". Erziehung verkommt demnach zu einem Füllapparat - indem man im Unterricht die Gehirne der Schüler mit Wissen vollstopft, wie eine Spareinlage, die dann von Zeit zu Zeit geprüft wird. Er beschreibt damit auch die Entfremdung mit "Ballast-Wissen", eine Entfremdung von der Realität, mit Wissen, welches auf die eigene Lebensrealität nicht anwendbar erscheint, also keine Bedeutung hat. Es gewinnt derjenige, der größtenteils das Wissen passiv aufnimmt. Nun, eine Pauschalisierung von Lern- und damit Lebensleistungen möchte ich natürlich nicht vornehmen. Aber Schule kann, wie die Vergangenheit gezeigt hat (zum Teil die Laborschule in Bielefeld nach den Ideen von Hartmut von Hentig) auch anders funktionieren. Zumindest im Ansatz. Schule sollte Spaß machen, frei nach Gerhald Hüther: nicht weil man hingehen muss, sondern weil es den Kids Spaß machen sollte.

Ich bedanke mich für Ihre feinfühligen und sehr interessanten Beiträge!

Mit besten Grüßen
Ihr-bke-Georg-Reuber
15.02.2016, 21:36 Uhr | deta
Die Studie hat auch gesagt, dass immer mehr Schüler mit guten Leistungen Nachhilfe erhalten um noch besser zu werden. Also liegt es nicht an den Schulen, sondern daran, dass die Eltern immer bessere Noten erwarten. Im Gegenteil bieten die Schulen inzwischen sehr viele Förderkurse am Nachmittag an. Die Frage ist nur, woher ein Kind, das schon am Vormittag überfordert ist, die Kraft für zusätzlichen Unterricht am Nachmittag - neben den Hausaufgaben, die bei diesen Kindern ja auch länger dauern - hernehmen soll. Wäre es nicht besser, es würde nachmittags einfach spielen gehen oder Sport machen?

Früher wurde ein Kind mit mittelmäßigen Leistungen auf die Realschule oder Hauptschule geschickt. Heute macht man es lieber unglücklich, indem man es aufs Gymnasium schickt und in allen Hauptfächern Nachhilfe geben lässt. Was übrigens oft zur Folge hat, dass die Schüler im Unterricht nicht mehr aufpassen, denn der Nachhilfelehrer erklärt es ja Nachmittags nochmal. Freizeit haben diese Kinder dann fast gar nicht mehr. Ich verstehe nicht, warum es für so viele Eltern unbedingt das Gymnasium sein muss, unabhängig von der Leistungsfähigkeit und den Interessen des Kindes. Kinder die am glücklichsten sind, wenn sie einen Hammer in die Hand nehmen dürfen, quälen sich dann durchs Gymnasium, weil die Eltern unbedingt wollen, dass es Latein lernt. Die können dann nicht einmal mehr am Nachmittag basteln, weil ja der Nachhilfeunterricht wartet.
Es wird oft übersehen, dass z. B. Realschulen und Gesamtschulen für kreativ und praktisch veranlagte Kinder viel besser sind, weil sie Technik, Kochen und vieles mehr anbieten können, was es am Gymnasium schon mangels Ausstattung gar nicht gibt.
14.02.2016, 15:44 Uhr | Pauliprinzessin
eine gewagte These meinerseits hierzu

Je mehr wir den Fremdbetreuungsanteil ausbauen und unsere Kinder bereits in der Grundschule nicht mehr mit einem Elternteil sondern ausschließlich in der Schule /Betreuung lernen, nimmt der Anteil derer die dann zusätzlich zu einem 8 Stunden Arbeitstag in Schule/Betreuung noch Nachhilfe in Anspruch nehmen müsste zu.
Welcher Elternteil hat denn noch Kenntnis und Einfluss auf das was in der Schule passiert? Man bekommt, gibt man die Kinder den ganzen Tag "weg" doch gar nichts mehr davon mit außer dass man irgendwann ein Zeugnis vor die Nase bekommt oder eine Klassenarbeit.
Meine Generation war zwischen ein und zwei Uhr mittags zu Hause. Aufgaben wurden anschließend zu Hause erledigt genau wie Lernen. Vokabeln , Geographie , Grammatik für Deutsch und Kopfrechnen passierte ganz nebenbei beim Essen insbesondere am Abend wenn wir alle an einem Tisch saßen. Nachhilfe hatte niemand den ich kannte. Die Schlaueren halfen den Schwächeren ganz selbstverständlich, man verabredete sich zum gemeinsamen Lernen für die nächste Klassenarbeit bei irgendwem zu Hause.

Jetzt kommt vermutlich - ach die gute alte DDR , da war es doch schon immer so und es hat geklappt. Ja, klar, kann sein, doch was man so hört war es eher ein auswendig lernen von gewünschten Antworten und hat mit dem was heute gefordert wird-. selbständiges Vorraussdenken nichts zu tun. Drill , Zucht und Ordnung und das was heute in unseren Schulen los ist sind zwei verschiedene Welten.
13.02.2016, 20:41 Uhr | BabyOne
Hallo,

zum Thema Nachhilfe sind meine Erfahrungen - bei den Kindern meines Lebensgefährten - die, dass die Nachhilfe von beiden Kindern nicht genutzt wurde um sich zu verbessern, sondern eher als ein Alibi. "Was wollt ihr denn von mir, ich hab doch gelernt, ich war schließlich bei der Nachhilfe!" So in dem Sinne. Die Verantwortung für das Lernen wurde abgegeben. Beide Kinder sind irgendwann sitzengeblieben und haben danach erst begriffen, dass sie selber für ihren Lernerfolg verantwortlich sind.

Bei meiner Tochter ist es eher so, dass sie nicht Nachhilfe in einem bestimmten Fach bräuchte, sondern eher einen Lerntrainer, der ihr zeigt, wie man richtig und selbstständig lernt. In der Schule wurde ihr ein Lerntraining angeboten, das aber nicht viel gebracht hat. In der Schule werden auch Intensivierungsstunden angeboten für die schwächeren Schüler. Ob das etwas bringt hängt aber davon ab, ob der Stil des Lehrers zum Schüler passt und ob der richtige Stoff wiederholt wird. Es ist also nicht so dass seitens der Schule nichts getan wird, nur das was getan wird hat zumindest in unserem Fall nicht wirklich etwas gebracht, und wenn das Kind in drei Fächern Intensivierungsstunden nehmen soll (jedesmal mittags im Anschluss an den regulären Unterricht, also erschöpft und hungrig), dann bleibt irgendwann auch keine Zeit zur Erholung mehr. Da bei uns so viel angeboten wird, haben wir unsere Tochter nicht zur Nachhilfe gehen lassen, zumal wir selber eigentlich alle wichtigen Fächer auch selber gut genug beherrschen um etwas erklären zu können. Aber vielleicht wäre so ein engagierter Lerntrainer doch besser gewesen...

Das erinnert mich übrigens an mein Studium - in meinem Fach ist es vollkommen üblich, vor dem von allen gefürchteten Examen teure Kurse bei privaten Anbietern zu absolvieren - irgendwie sind die privaten Anbieter oft einfach motivierter, den Stoff wirklich verständlich und im Zusammenhang zu erklären, und vor allem kann man da Probestunden nehmen und den Anbieter aussuchen, dessen Stil einem zusagt. In der Schule und auch an der Uni kann man ja nun mal die Lehrer nicht aussuchen... und da alle zu den privaten Anbietern gehen, traut man sich auch kaum darauf zu verzichten, weil man sonst einen Nachteil haben könnte gegenüber denen, die dort waren.
"Gute Erziehung heißt zu verbergen, wie viel wir von uns selbst halten und wie wenig von anderen." (Mark Twain)
13.02.2016, 09:24 Uhr | marinadiezweite
Guten Morgen, zu diesem Beitrag möchte ich was beisteuern, da zwei meiner Kinder auch Nachhilfe bekamen. Mein Sohn war sehr schwach in Mathe, also er stand auf 5-. Dazu kam, dass er im Unterricht immer wieder von dem Schulleiter der Schule blossgestellt wurde. Wir konnten das nicht unterbinden, denn im Gegenteil, je mehr wir Eltern baten, dass der Lehrer die Rechennote nicht mit Faulheit abtat, desto mehr ging der Direktor nervig mit dem Jungen um. Zu Hause versuchte ich schon abends Mathe mit meinem Sohn zu üben, was er teilweise verweigerte.
Mein Sohn kam dann selbst auf die Idee, dass er Nachhilfe haben will. Wir fanden ein Super Lernstudio mit einem Superlehrer. So ging es Schritt für Schritt aufwärts. Na gut, mehr als eine Vier im Abschlußzeugnis der Realschule war nicht drin. Aber das Selbstbewußtsein meines Sohnes stieg enorm.
Vor allem kam er nicht mehr ins Schwitzen, wenn er mal wieder von dem Direktor/Schulleiter blossgestellt wurde vor der Klasse. Später in der Berufsschule hatte er weiter Probleme mit Mathe. Aber in der Ausbildung konnte er die praktischen Sachen gut ausrechnen.
Daher befürworte ich Nachhilfe für einen kurzen Zeitraum.
Meine Tochter hat ebenfalls in Mathe Nachhilfe bekommen. Oh weh, wir sind alle matheschwach, außer dem jüngsten Sohn. *unsure*
Bei der Tochter war es definitiv zu spät, da sie sich kontinuierlich von einer drei auf eine fünf verschlechtert hatte am Gymnasium. Da fehlten dann schon Grundlagen.
Ich halte Nachhilfe für sinnvoll. Es sollte aber sowohl zeitlich befristet als auch auf ein Fach oder höchstens zwei in zwei Wochenstunden beschränkt werden. Sonst denke ich , ist man einfach auf der falschen Schulform. Auch sollten die Kinder unbedingt mitmachen wollen. Sonst bringt das nichts.
Meine Tochter habe ich mit ihrem Einverständnis nach einem halben Jahr abgemeldet bei der Nachhilfe. Da sie einmal geschwänzt hatte. Und die Nachhilfelehrerin sagte, mehr als eine 5 wird es bei ihr bestimmt nicht. Da haben wir einfach aufgegeben.
Sie hat das Abi dann nicht geschafft, ist trotzdem heute auf einem guten Weg in einer Ausbildung.
12.02.2016, 19:56 Uhr | dagmita
In der Klasse meines Sohnes sind ein paar Kinder, die jetzt in der vierten Klasse massiv Nachhilfe bekommen haben, damit
sie auf's Gymnasium gehen können.Teilweise mussten sie unglaublich viel lernen.... Ein Junge hat jetzt bis zu den Sommerferien ein Verbot für Videospiele erhalten, weil er keine Gymnasialempfehlung hat.
Ich finde das ziemlich schlimm.
Vor allem, wenn diese Kinder dann tatsächlich auf dem Gymnasium sind, wird das doch nur Quälerei für sie.
Bei manchen platzt der Knoten auch einfach später.
Es wäre schön, wenn man auch später noch leichter die Schule wechseln könnte, z.B. nach der sechsten oder sieben Klasse.
Dieser Hype um das Gymnasium ist sowieso echt extrem.
Man kann doch auch später noch Abi machen. Die Kinder werden so unter Druck gesetzt teilweise.
Das tut mir furchtbar leid.
dagmita
12.02.2016, 15:19 Uhr | AnjaLe
Hallo Herr Reuber,

Nachhilfe ist nur dann sinnvoll, wenn sie punktuell eingesetzt wird, um Bildungslücken in einzeln Fächern zu füllen. Dann ist sie auch effektiv. Was ich aber lange Zeit beobachte ist folgendes, nämlich das Nachhilfe dazu benutzt wird, einen bestimmten Schulabschluß zu erreichen, in der Regel das Abitur, weil die Eltern das wollen obwohl der Schüler damit völlig überfordert ist. Nachhilfe ist in Deutschland ein Business und je mehr das Abitur von den Medien, den Schulen und der Wirtschaft als einzig wahrer Schulablass propagiert wird, nähern wir uns immer mehr japanischen Verhältnissen an, wo das Wissen in teuren, privaten Paukschulen eingetrichtert wird. Der Mensch (das Kind) bleibt dabei auf der Strecke.
Hatte man diese Woche nicht eine neue OECD Studie veröffentlicht, aus der hervorging, das 20% der 15 jährigen nichmal einfachste Matheaufgaben lösen können. Woran liegt das? Hier wurde auch das soziale Gefälle bei der Bildung gerügt. Es ist daher zwingend erforderlich, das das System Schule dringendst reformiert und entstaubt wird, so dass dort eine bestmögliche primäre Förderung sowohl für hochbegabte, als auch Lernschwache erfolgt. Der Staat beansprucht das Bildungsmonopol für sich und untermauert dies durch die Schulpflicht, daher ist er auch verantwortlich.Es kann daher nicht sein, das eine Chancengleichheit nur dann hergestellt wird, wenn es sich die Eltern leisten können, Nachhilfe zu geben oder Kinder auf Privatschulen zu schicken!

Meine Tochter hat nie Nachhilfe bekommen. Ich wollte sie eigentlich auf einer Gesamtschule sehen, die Lehrerin der Grundschule pochte aber aufs Gymnasium. Ein Versuch war es wert, sie schlug sich dort auch immer im Mittelfeld und war eigentlich selber von Ehrgeiz und Neid besessen, das Abitur anzugehen. Dann sah es eher so aus, das sie aufgrund von Mobbing nach der 10. Klasse abgehen wollte, durch einen Wohnortwechsel hatte sich das dann aber erledigt und sie ist in der Schule durchgestartet. Nun macht sie dieses Jahr Abitur und besucht in kürze mit einer Freundin einen Intensivkurs in der VHS für Mathematik zur Vorbereitung. Das kostete etwa 70,- Euro , die sie von mir bekam.

Anja

Treffer: 8

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