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02.05.2017, 15:54 Uhr | bke-Ida-Lindt
Liebe Forum-Community,

unter der Überschrift „Die Ignoranz kotzt mich an – ein Vater beklagt Kinderfeindlichkeit“ veröffentlichte stern.de heute einen Kommentar zum Buch „Papa Sorglos“ von Jo Berlien (hier gehts zum Artikel auf stern.de ) .

Darin enthalten ist jede Menge Gesellschaftskritik: In Deutschland würde schwangeren Frauen im Bus kein Sitzplatz angeboten, Kinder seien der Gesellschaft zu laut, zu teuer und zu lästig. Eine „neue kühle Mentalität“, die sich in diesem Land breit mache, wird beklagt.

Ein Artikel, der mich nachdenklich stimmt. Sofort fallen mir viele Erlebnisse ein, die Klient*innen schildern. Sie handeln von Menschen, die ihnen im Alltag begegnen, die sich über Kinder beschweren und/oder grundsätzlich eine Meinung zum Thema Erziehung haben (und laut äußern müssen!), die nicht unbedingt unterstützend oder freundlich ist.

Ist es also so? Ist Deutschland kinderfeindlich?

Oder gibt es auch eine „andere Seite“ dieser Gesellschaft?
…Eine die kinderfreundlich und wohlwollend ist? Eine, über die vielleicht bislang niemand schreibt… denn wer schreibt schon einen Artikel darüber, wie zufrieden er ist oder darüber, dass ihm heute jemand weitergeholfen hat?

Was meinen Sie? Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Kinder(un)freundlichkeit unserer Gesellschaft?

Ich bin gespannt auf Ihre Meinungen und Erlebnisse!
Eine nachdenkliche
bke-Ida Lindt
28.07.2017, 07:51 Uhr | marinadiezweite
Hallo liebe User, manchmal möchte man zu dem Sternartikel noch einen draufsetzen. Deutschland ist auch frauenfreindlich. Mütter allgemein und alleinerziehend noch viel mehr. Wie gut haben es die, die dann ein paar Jahre nicht arbeiten brauchen. Wo finanzielle Polster sind und ein gut verdienender Ehemann. Ansonsten jonglierst du herum, tüftelst dir komplizierte Pläne aus, damit die Kinder immer betreut sind. Es gibt ja schoneinige tolle Lösungen. Zum Beispiel, dass ein Elternteil zu Hause bleiben kann, wenn ein Kind krank ist. Einfach ist es trotzdem nicht, auch ein noch so gut geplanter Urlaub der Eltern hat im Sommer seine Grenzen. Es wird kniffelig, sobald Kinder in die Schule kommen.
Das sehe ich auch so, dass in den neuen Bundesländern bessere Lösungen angeboten wurden. Von Ganztagsbetreuung bis Hort in der Schule.
Man darf aber auch nicht vergessen, dass es mit einem System zusammenhängt. Die Arbeitskräfte wurden gebraucht. Nach der WEnde wurden schlagartig in den neuen Bundesländern sehr viele Arbeitsplätze abgeschafft. Dann brauchte man die Frauen, besonders in der Landwirtschaft nicht mehr.
Ja, und solange die Frauen keine wichtigen Tätigkeiten ausüben, wir Arbeitslosigkeit haben. Ist es leider so, dass auf viele Frauen verzichtet werden kann in der Arbeitswelt. Daraus ergibt sich fast automatisch, dass Muttersein nicht gerade belohnt und unterstützt sind. Ausnahmen sind da einzelne Bereiche, gut ausgebildete Frauen.... . Kinderfeindlich finde ich trotzdem, dass man das nicht so allgemein sagen kann. Man kann auch daran arbeiten, dass die Kinder höflich und freundlich sind. Dass man mit dem Kinderlärm ab einer bestimmten Uhrzeit Grenzen setzt. Aber auch um Verständnis für die Kinder wirbt. Kindern aber auch zeigt, wie sie im Bus und Bahn resolut mit Situationen umgehen können. Sie müssen nicht immer kuschen und Platz machen, wenn sie selbst schon den ganzen Vormittag in der Schule was geleistet haben.
Meine hatten oft Probleme im B us, da wurde sich aufgeregt, dass die schweren Schultaschen einen Extraplatz bekamen. Aber die Kinder waren angehalten, nicht die schweren Schulrucksäcke auf dem Rücken zu behalten, da das sehr im Wege war. Man hatte schon das Gefühl, dass sie überall im Wege waren, die Kinder und die Taschen. Dabei gehört doch alles zu unserer Gesellschaft, Schüler in überfüllten Bussen und Rentner, die ''typisch'' *woot* immer in der Mittagszeit sich noch in volle Busse quetschen.
27.07.2017, 23:58 Uhr | Spidermom
Hallo,

ich lebe jetzt in einem neuen Umfeld wo ich mich schon mit "Kinderunfreundlichkeit" konfrontiert sehe. Da wird ganz offensichtlich schief geguckt oder kommentiert, z.B. wenn das Kind laut weint oder mit mir streitet. Interessant fand ich auch den Betrunkenen der den Freund meines Sohnes anherrschte, er solle sich zusammenreißen. Weil er irgendwie zu laut zum Bus gerannt war oder so. Das sind nur einzelne Leute, aber es trifft mich trotzdem, gerade auch weil ich dann das Gefühl habe, nichts richtig machen zu können. Aber ich erlebe es auch dass mir spontan geholfen wird. Zum Beispiel neulich schob plötzlich jemand von hinten mit, als ich das Fahrrad mit Kind auf dem Sitz an einer steilen Stelle schieben musste. Oder ein Fremder der am Bahnhof einfach meinen schweren Koffer in Windeseile die Treppe hochgetragen hat so dass ich mein Kind tragen konnte weil das (obschon eher groß) nicht so schnell laufen wollte. Dann gibt es Leute die sich unbefangen mit dem fremden, neugierigen Kind unterhalten und seine Fragen beantworten. Die mit schauen wenn das Kind hinfällt, ob alles in Ordnung ist.
Manchmal fühle ich mich als sei ich als Mama vom "Rest" der Gesellschaft abgetrennt, weil man sich mit den Kindern dann eher auf "dafür vorgesehenen Plätzen" aufhält, auf dem Spielplatz, im Familiencafé, im Kinderabteil. Aber das ist auch nicht immer so.
28.05.2017, 18:22 Uhr | mesielein
Ich bekam mein Kind 1992, also kurz nach der Wende. Vorher existierte ja auch noch eine DDR. Wie sich die jetzige Gesellschaft verändern müsste, damit sie nicht als kinderfeindlich gescholten wird? Nun, in der DDR hatte ich zum Beispiel einen unbefristeten Arbeitsplatz, brauchte mir da also Null Sorgen machen, heute muß man sich schon Sorgen machen.
An dem Beispiel meines Sohnes erfuhr ich 2003 zwar eine Menge Hilfe, aber möglicherweise hätte ihm eine Kindergruppe helfen können, in die er nach der Schule hätte gehen, dort Hausaufgaben hätte machen können. In Hort wollte oder konnte er altersmäßig nicht mehr (so genau weiß ich das auch nicht mehr), pflegeleicht war er im Umgang mit anderen Kindern nicht, behauptete schnell,er würde gemobbt, hinterfragte natürlich nicht, ob er selbst falsch reagiert hatte. Mehr Plätze also für die Betreuung von Kindern nach der Schule, wenn Eltern arbeiten können, das dürfe wohl ein Schritt in die richtige Richtung sein..
Kinderfeindlich in ", man darf die " ruhig weg lassen! Nach der Trennung vom Kindesvater, die sich schrittweise vollzog, wollte ich nie mehr ein Kind. Gesellschaft war nicht schuld dran, aber ich zog es vor, meinen Sohn zu erziehen, der Kindesvater hätte mich ganz sicher auch mit 2 Kindern im Stich gelassen. Ein Kind schweißt ganz selten eine kaputte Beziehung zusammen.
Welche Arbeitsmöglichkeiten gibt es denn für junge Muttis? Welcher Arbeitgeber guckt nicht schief aus der Wäsche, wenn da jemand kommt, der ein oder mehrere Kinder hat? Der möchte doch oft nicht wissen, ob neben der Mutti jemand anders sich um Kind/Kinder sorgt. Mutti also oft dazu verdammt, wieder Heimchen am Herd zu spielen. Man darf das nun ruhig mit der Stellung der Frauen in der ach so gescholtenen DDR vergleichen..Da - in meinem Betrieb damals - arbeiteten Muttis im Tagesdienst, selten in Schicht, auf sie wurde eingegangen. Tagesdienst ermöglichte ihnen, vor der Arbeit Kind in die Krippe usw.zu bringen, dann zu arbeiten, nach der Arbeit Kind wieder abholen, oder noch besser: Kindesvater lebt mit Mutti zusammen, gemeinsam kümmert man sich um das Kind..Traumzustände? Ja,kann man sagen. Liegt nicht in 1.Linie an der Gesellschaft, aber an der Lage in den Firmen, was dort ermöglicht wird, was nicht! Man gucke da in andere Länder, was dort ermöglicht wird...
18.05.2017, 14:36 Uhr | bke-Ida-Lindt
Liebe Community,

gerade lese ich Ihre Beiträge mit großem Interesse. Sie zeigen, wie vielschichtig dieses Thema ist!

Politik und Gesetze für Familien und Unterstützung sowie die Einstellung und die Angebote von Arbeitgebern beschreiben Sie strukturell als wichtig.

Gesellschaftlich, dass der gesellschaftliche Wandel (freie Entscheidung für Kinder und weniger Kinder in der Gesellschaft) relevant sein kann, aber auch ein Stück weit ein kultureller Aspekt. Sie beschreiben, dass nicht nur über Kinder geschimpft wird, sondern manchmal auch der Eindruck entsteht, dass "Manche Menschen immer etwas zu meckern haben".

Den Fokus auf die Angebote zu richten, die unsere Gesellschaft für Kinder und Familien bereit hält finde ich ebenfalls spannend. Sie schreiben von Spielecken und Menschen, die helfen, aufmerksam und empathisch sind. Dass vermeindlich kleine Gesten (einen Kinderwagen heben, beim Arzt vorlassen) für Eltern eine große Erleichterung sein können macht aufs Neue Bewusst, dass unser Erleben mit "der Gesellschaft" auch aus den alltäglichen Entscheidungen vieler Individuen besteht, die uns begegnen. So stellt sich die Frage: Wann ist es Ihnen zuletzt passiert, dass "Fremde" Ihnen als Mama/Papa/Familie weiter geholfen haben? Was machen Sie gerne im Alltag für Kinder & Familien, die Ihnen fremd sind?

Vielleicht findet sich noch etwas zu diesem Thema? Ich bin gespannt!
Freundlichen Gruß
bke-Ida Lindt
06.05.2017, 10:01 Uhr | BabyOne
Ehrlich gesagt finde ich, die eigene angebliche Kinderfeindlichkeit zu beklagen ist ja wieder mal so typisch deutsch.

In vielen Ländern gibt es nicht mal bezahlte Elternzeit und/oder kein nennenswertes Kindergeld. Bei uns wird staatlicherseits schon einiges getan: eben Kindergeld, Mutterschutz, Elternzeit, Rechtsanspruch auf Betreuungsplätze (auch wenn es dafür erst mal eine KanzlerIN und eine durchsetzungsfähige Familienministerin brauchte, weil das Thema die entscheidenden Akteure vorher nie interessiert hat), steuerfreies Existenzminimum, kostenlose Rechtsberatung in Unterhaltssachen durch Jugendämter, Anspruch auf Teilzeitarbeit etc. Sicher kann man immer auch beklagen was noch nicht perfekt ist, zum Beispiel dass in der Schulpolitik alle paar Jahre etwas Neues erfunden wird, dass die Nachmittagsbetreuung immer noch in der Qualität zu wünschen übrig lässt, ein erhöhtes Armutsrisiko für Kinder etc. Aber ehrlicherweise müsste man auch zugeben, dass nie alles perfekt sein kann.

Auf der persönlichen Ebene kann ich nicht wirklich bestätigen, dass man im Alltag mit Kinderfeindlichkeit konfrontiert wird. Ich kann mich gut erinnern, dass auch ich als Kind mal von irgendeiner Oma im Bus angeschnauzt wurde, die fand mein Plätz wäre ihrer und die freien Plätze daneben interessierten sie nicht. Aber ebenso kenne ich es auch, dass ich von wildfremden Leuten angeschnauzt werde, wenn ich meinen Hund neben dem Fahrrad herlaufen lasse, oder Fremde, die nicht mitbekommen haben dass man in der ehemaligen Einbahnstraße jetzt in beiden Richtungen fahren darf und die mir lautstark kundtun, dass ich ein Idiot sei, weil ich ihrer Ansicht nach verkehrt herum fahre. Es gibt immer Leute, die schlecht gelaunt sind oder schlicht kein Benehmen haben, und Wohlmeinende, die nicht wissen ab wann aus guten Ratschlägen eine Belästigung wird. Darüber kann man sich ärgern, aber man muss nicht gleich von einem Schreihals auf den Rest der 81 Millionen Menschen in Deutschland schließen, und man muss auch nicht meinen dass solche Reaktionen wirklich etwas damit zu tun haben dass Leute kinderfreundlich oder kinderfeindlich sind.

In Restaurants haben wir eigentlich immer Malsachen und oft kleine Geschenke für die Kinder bekommen und- trotz zwei sehr lebhafter Kinder - eigentlich nie Ärger gehabt. Oft gibt es spezielle Kindersitze. In Biergärten gibt es oft Spielecken, wo die Kinder auch herumtoben können. In Hotels kann man oft sogar kostenlos ein Beistellbett für ein kleineres Kind ins Zimmer bekommen. In Zügen, Bussen und Straßenbahnen habe ich oft erlebt, dass mir mit Kind ein Platz angeboten wurde. In ICEs gibt es eigene Eltern-Kind-Abteile. In einer Arztpraxis haben mir einmal nach einer sehr langen Wartezeit andere Patienten angeboten vorgezogen zu werden, damit ich mit dem Kleinkind schneller wieder gehen kann. Meine Tochter hat, als wir nach einer Wohnung gesucht haben und dementsprechend einige Wohnungen besichtigt haben, bei diesen Besichtigungen mehrfach Geschenke von den vorherigen Bewohnern bekommen. Mein kinderloser Chef, der manchmal schon auch komisch werden kann, hat mir in Notfällen erlaubt meine Tochter zur Arbeit mitzubringen oder von zuhause aus zu arbeiten. Neulich habe ich die neu gebaute Zentrale einer Bank besichtigt - dort gibt es ein extra Eltern-Arbeitszimmer, wo Eltern im Notfall ihr Kind zur Arbeit mitbringen können und welches mit Spielzeug und einem Schlafplatz ausgestattet ist (ein solches Zimmer mag bei Hunderten Angestellter wenig sein - ist das jetzt kinderfreundlich oder kinderfeindlich?)...
"Gute Erziehung heißt zu verbergen, wie viel wir von uns selbst halten und wie wenig von anderen." (Mark Twain)
06.05.2017, 09:33 Uhr | marinadiezweite
Wie muesste sich DEutschland verändern, damit man eher gewillt ist, Kinder zu bekommen. Ich finde, die finanziellen Spritzen des Staates allein sind kein Anreiz. Es sollte das Drumherum passen, da ist die Arbeitswelt sehr wichtig. Und die Kinderbetreuung. Ich meine, Kinder bleiben ja nicht ewig klein, es geht vorwärts. Sobald man einen Kindergartenplatz bekommt, können die Eltern wieder schauen, wie sie alles wuppen. Als meine Kinder klein waren, hatte ich da gute Möglichkeiten. Nämlich über einen Ganztagsplatz im Kindergarten und Hort. Das brauchte ich zwar nicht komplett, aber es hat einem auch etwas Freiraum gegeben.
Lang lang ist es her, das konnten wir uns nämlich nur leisten, weil wir wegen der ''vielen'' Kinder als kinderreich galten und daher wenig Beiträge bezahlen mussten.
In der Schule funktionierte es schon nicht mehr so gut. Zwar verlässliche Grundschule. Aber leider fing diese später an als meine Arbeit begann. Da geht es dann los mit Tagesmutter. Diese kostet ja auch Geld.
Ich meine, wir brauchen keine Rundumdieuhrbetreuung. Denn ein Ganztagsjob ist am Anfang wohl Illusion. Und wer möchte das schon. Aber es sollte schon überall so passen, dass man früh anfangen kann mit dem Arbeiten. Und dass nichts ausfällt an Betreuung. Dass man bei der Arbeit keinen Anruf bekommt, bitte holen Sie ihr Kind ab, alle anderen Kinder sind auch schon zu Hause, weil es heute so heiß ist. (So als Beispiel).
Ich seh die ersten Jahre als Phase, wo man durch muss. Also nicht den Faden zur Arbeitswelt verlieren. Klein anfangen und steigern. Und das finde ich sollte möglich sein.
Eine Belohnung oder Geld, wenn Mama zu Hause bleibt finde ich gar nicht so wichtig. Sondern verschiedene Unterstützungen, wenn Mamas wieder arbeiten wollen.
Ich kenne gutverdienende Eltern, die sich dann eine Tagesmutter geleistet haben, die nach Hause kommt. Das kostet viel Geld, aber das ist das einzige, was wirklich sicher funktioniert.
06.05.2017, 06:41 Uhr | Ruba
Es gibt für dieses Problem keine einfachen Lösungen. Die Gesellschaft ist nun einmal so. Es gibt die Pille und damit zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte die Wahl zu einem kinderfreien Leben. Und sicher möchte hier keiner sichere Verhütungsmittel abschaffen. Im Gegensatz zu früher gibt es auch gute Kinderbetreuung. Natürlich wäre es schön wenn hier mehr zeitliche Flexibilität herrschen würde und KiTas länger und früher geöffnet hätten. Natürlich wäre es schön wenn es mehr finanzielle Unterstützung geben würde - aber das ist alles nur Flickwerk. Das Problem ist einfach, dass sich die Gesellschaft insgesamt verändert hat. Frauen erhalten die gleiche gute Ausbildung wie Männer und wollen arbeiten. Gleichzeitig sind wir aber auch diejenigen, die die Kinder bekommen. Der Mensch ist ein Steinzeitwesen, aber die Gesellschaft hat sich verändert. Der Höhepunkt der weiblichen Fruchtbarkeit liegt gerade zu einer Zeit, wo die meisten Frauen sich noch mitten im Studium oder in der Ausbildung befinden. Das Kinderkriegen wird auf spätere Zeitpunkte verschoben, Kinderwunschkliniken haben Hochsaison. Unsere Biologie und die weibliche Emanzipation passen nicht zusammen. Und das zieht sich durch alle Bereiche. Dadurch, dass Kinder bewusst in die Welt gesetzt werden; dadurch, dass viele Menschen sich auf ein oder zwei Kinder beschränken, wird Kindern eine Sonderstellung eingeräumt. Es fehlt die Selbstverständlichkeit, die früher vorherrschte. Kinderfeindlichkeit resultiert aus einem Mangel an Kindern. Die Welt ist nicht mehr per se kindgerecht, sie werden in bestimmte Bereiche abgeschoben.
Es gibt kindgerechte Wohngegenden und Wohngegenden, wo Menschen ohne Kinder leben. Hotels für Familien und kinderfreie Hotels. Kinder sind kein selbstverständlicher Bestandteil der Gesellschaft mehr.
05.05.2017, 22:18 Uhr | AnjaLe
Hallo,

ich wollte noch ergänzen, das Geburtenstationen für viele Kliniken "unwirtschaftlich" sind und daher geschlossen werden. Das Problem mit der Haftpflicht für Hebammen macht diesen Beruf unaktraktiv, so entstehen auf Dauer zwangsläufig Versorgungsengpässe. Das ist nur ein Punkt, der im Einflußbereich des Staates liegt. Alleinerziehende haben meist massive Probleme, Kinder in Tageseinrichtungen unterzubringen, wenn sie im Schichtdienst arbeiten (z.B. Krankenschwestern uvm.) oder auch im Einzelhandel ->22.00 Uhr.Ich höre in meinem Umfeld, das viele Probleme mit den Kitas haben. Da werden Eltern angerufen, das sie ihre Kinder abholen müssten, da Mitarbeiterinnen ausgefallen/krank seien oder das Kind nur schreit. Überhaupt wurde das Kita-Gesetz nie richtig umgesetzt und es fehlt an Personal, welches aus öffentlichen Kassen bezahlt werden müsste, welche ja bekanntlich chronisch leer sind. In einem anderen Beitrag stellte jemand fest, das der Beruf der Erzieherin zu schlecht bezahlt wird und es zu wenige gibt.

Was kann man tun? Aus meiner Sicht müsste es einen grünen Tisch geben, an dem alle, Politiker, Arbeitgeber, Sozialverbände uvm. das Thema erörtern und z.B. einen Fonds gründen, aus dem dann diese Lücken geschlossen werden!? Wenn man an dem jetzigen Rentenversicherungssystem festhalten will, muß mittelfristig sowieso das Thema auf den Tisch. Ein skandinavisches System über Steuern würde noch mehr Familien finanziel belasten und ja, vom Mindestlohn lässt sich kaum was an Steuern abziehen.

Ich sehe hier das Problem hauptlastig beim Arbeitsmarkt und an einer Politik, die zum Handlanger der Wirtschaft verkommt. Gab es da nicht mal einen Slogan "Kinder statt Inder" , wo es um den Fachkräftemangel in der IT-Branche ging? Was ist daraus geworden - nichts!

Aber mal angenommen, es hätten sich wirklich mehr Menschen sich für ein Kind entschieden. Hätte die Infrastruktur an Schulen, Universitäten das verkraften können, wohl kaum. Auch hier hätte investiert und aufgestockt werden müssen - und das will keiner. Vielleicht geht es auch gar nicht, denn es fehlt Personal für die Pflege, für den Beruf der Erzieherin usw. Das lässt sich auch durch Zuwanderung nicht lösen, denn es fehlen auch Wohnungen. Wo man da ansetzen müsste - eine allgemeingültige Lösung gibt es nicht.

VG
Anja
05.05.2017, 12:30 Uhr | bke-Ida-Lindt
Liebe Community,

danke für die ersten Diskussionsbeiträge!

Ich lese heraus, dass Sie "unsere Gesellschaft" nicht immer als kinderfeindlich erleben, jedoch alle Situationen oder Eindrücke schildern können, in denen für Sie kinderfeindliche Tendenzen spürbar geworden sind.

Sie merken es zB daran, wenn Kinder als nervig und laut abgestempelt werden und (wie ihre Eltern) eigentlich nichts richtig machen können. Sie merken es auch an Müttern, die bei der Arbeit eher verschweigen, dass sie Kinder haben und an der ein oder anderen Gesetzesgrundlage.

Worin sind diese Tendenzen begründet?
Sie schreiben davon, dass der Staat es sich vielleicht wünscht, davon, dass K&K (Kind und Karriere) zuweilen schlecht oder kaum vereinbar scheinen.

Was meinen Sie müsste sich verändern, damit Deutschland ein kinderfreundlicheres Land wird?
Sie schreiben, die Gesellschaft müsste sich verändern, es müsste eine bessere Vereinbarkeit geben. Aus Ihrer Erfahrung heraus: Was müsste diese Veränderungen konkret ausmachen? Was hätte oder würde Ihnen helfen?

Ich bin gespannt, wie Sie das sehen...

bke-Ida Lindt
05.05.2017, 10:18 Uhr | marinadiezweite
Hallo Leutchen, ich persönlich hab gar nicht so megaviel Kinderfeindlichkeit erlebt. Dabei hab ich vier Kinder. Muß aber zugeben, dass ich viele Jahre in einer Region gewohnt habe, wo es ''normal'' war, viele Kinder zu haben. Mich ärgert manchmal, dass Kinderreichtum gleichgesetzt wird mit arm. Ich finde, es gibt auch viele FAmilien, die ganz unkompliziert strukturiert sind. Vater Mutter Kinder, ein großes Auto halt, weil man das braucht mit mehreren Kindern. Bei uns ist es auch üblich, dass Kleidung aufgetragen wird. Das ist einfach so, und es muss ja nicht immer das schickste sein.
Nach einem Umzug galten wir plötzlich als asozial, weil dort in der Region das nicht üblich ist, dass die Leute mehr als ein zwei Kinder haben.
Dabei waren meine Kinder immer ordentlich gekleidet. Und sonst war auch nichts, was den Anschein von Armut oder Verwahrlosung gab.
Ich finde es wichtig, dass wir den Kindern ein Selbstbewußtsein mitgeben als Eltern. Meine Kinder sind auch heute noch in vielen Situationen froh dass sie Geschwister haben. Dass sie gelernt haben, auch mal zurückzustecken. Das man sich einigen musste. Oder auch mal kleine Kämpe ausgetragen hat.
Ja, es gibt Situationen, wo ich kluge Tipps ungefragt bekommen habe. Wie man seine nervigen Kinder in Schach hält und so. Manchmal hat mich das auch voll geärgert. Man hat ja nicht immer eine Oma, die einem für Einkauf und Friseur oder Arztbesuch die Kinder abnimmt. So schlurrte ich die Kinder überall mit hin. Da gab es schon mal gemeine Sprüche.
Ich meine, dass Kinder lernen sollten, wie sie mit Sprüchen umgehen. Aber auch lernen, sich zu benehmen. Leute merken aber auch, dass Kinder halt Kinder sind. Und ich als Mutter nicht alles einfach abschalten und abstellen kann.
Meine haben im Schulbus oft Platz gemacht. Für Schwangere, für Omas und Opas. Aber manche Menschen rasten ja gleich aus, weil sie meinen, die dummen Schulkinder machen niemals Platz. Mein Sohn hat das mal erlebt, dass ne Oma, (ähm, Entschuldigung, eine ältere Dame) ausgetickt ist und meinte. Diese Kinder, die machen einfach keinen Platz, die haben doch noch junge Beine und blabla. Dabei haben unsere Schulkinder heutzutage teilweise einen 10-Stunden-Tag. Und sprechen kann man doch auch. Oder? Würdest du bitte den Platz frei machen? Ich hab auch schon manches Mal gesagt, wie man es macht, ist es falsch. Bieten die Kiddys einen Platz an, heißt es, na, hör mal, seh ich schon so alt aus?
Zuletzt editiert am: 04.12.2018, 14:07 Uhr, von: marinadiezweite
04.05.2017, 21:02 Uhr | AnjaLe
Hallo,

ich denke, jeder sollte so leben können, wie er möchte.
Der Grund, warum sich einige gegen Kinder entscheiden, liegt daran, das es bis heute nicht wirklich gelungen ist, Job und Familie zu vereinen. Trotz vieler Gesetze aus dem Familienministerium, werden schwangere immer noch aus den Unternehmen gelobt, mit hohen Abfindungen, damit sie nicht wiederkommen, als mit einem Angebot auf Teilzeit danach. Ich habe auch den Eindruck, das es gar nicht gewollt ist. Grotesk erscheint es mir, wenn Arbeitgebervertreter von der Regierung verlangen, den demographischen Wandel über Zuwanderung zu lösen, anstatt den Mitarbeiterinnen attraktive Lösungen anzubieten, selber ein Kind zu bekommen. Immerhin ist man in den USA ja schon so weit, das einige Unternehmen den Mitarbeiterinnen Social Freezing anbieten, damit sie dem Unternehmen lange dienen können. Für mich wirft das erhebliche Fragen nach der Arbeitskultur und Ethik auf? Würde man aber hier zu Lande den Druck auf die Unternehmen erhöhen, verlagern die den Standort!

Ich will damit sagen, das die gesamte soziale Infrastruktur kinderfreundlicher umgebaut werden müsste, aber ändert das wirklich etwas an der Gesellschaft - nein - denn ich sehe den alten Mann in der Schalterhalle liegen, wo einfach drübergestiegen wurde und das Sozialverhalten, wenn der Benzinpreis um 2 Cent gesenkt wird und es Angebote bei Aldi gibt. Und dann frage ich mich, wie können da morgens so viele Leute stehen, obwohl doch eigentlich Vollbeschäftigung herrscht und es doch allen so gut geht ... wie die Medien behaupten. Mit kleinen Kindern kann man da gar nicht hingehen, denn es wäre zu befürchten, das sie umgerannt werden.

LG
Anja
04.05.2017, 14:47 Uhr | Louise-19
Hallo,
1. ist diese "kühle Mentalität" nicht "neu",
und
2. ist das vom Staat auch genauso erwünscht:
-besser für die Wirtschaft
-Babypflege ist afaik kein Pflichtfach
-bzga-texte handeln vorrangig von Verhütung und Selbstbestimmung
und
3.hat es ja auch durchaus Vorteile,
sowohl für die Einzelkinder als auch für die berufstätigen Mütter,
als auch für die entlasteten Väter.
Gruß,
Louise
Zuletzt editiert am: 04.12.2018, 14:07 Uhr, von: Louise-19
04.05.2017, 12:12 Uhr | Ruba
Fakt ist, dass erst seit kurzem das Kinderkriegen eine freiwillige persönliche Entscheidung ist. Früher hatte man nicht wirklich eine Wahl.
Und daher spaltet sich die Gesellschaft in Menschen, die ihr Leben um ihr Kind herum gestalten und Menschen, die ihr Leben ohne Kinder genießen wollen. Das führt im Urlaub zu Kinderhotels und "Adults only"und auch in anderen Lebensbereichen zu einer Zweiteilung. Kinder sind nicht mehr selbstverständlich integriert. Sie gelten als laut und nervig, unerzogen und verwöhnt. Frauen stellen sich kein Kinderbild auf den Schreibtisch, um zu zeigen, dass sie ganz für ihre Arbeit da sind.
Junge Mutterschaft oder mehr als zwei Kinder gelten als assozial. Ja, wir leben in keiner Welt, die Kinder als selbstverständlich integriert -das stimmt.

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